Franz Ferdinand – The Human Fear
Franz Ferdinand veröffentlichen mit „The Human Fear“ auf ihrem Stammlabel Domino Records nach sieben Jahren wieder einen Longplayer. Obgleich sie ihr musikalisches Spiel darauf verfeinern, bleiben sich die Glasgower Indie-Artrocker angenehm treu.
Aufgenommen in den schottischen Ayr-Studios und produziert von Mark Ralph, der bereits bei ihrem 2013er-Werk „Right Thoughts, Right Words, Right Action“ mit der Band zusammengearbeitet hat, klingen die insgesamt elf vom Post-Punk und New Wave beeinflussten Albumtracks unvergänglich frisch. Denn kreativer Stillstand war schließlich nie das Ding der im Jahr 2001 von vier Kunstschülern gegründeten Gruppe.
Hommage an griechische Wurzeln
Am eindrücklichsten zu hören ist das im Song „Black Eyelashes“, dessen hellenischer Gitarrenbeat als musikalische Reminiszenz an die familiären Wurzeln von Sänger Alexander „Alex“ Kapranos verstanden werden darf – seines Zeichens Sohn einer englischen Mutter und eines griechischen Vaters. Aber auch der Synthie-Dancefloor-Banger „Hooked“ kommt im positivsten Sinne zeitgemäß-innovativ daher.
Als Band, für die Ästhetik und Stil immer schon fast genauso wichtig waren wie ihr Sound, spiegelt sich dieses Mindset selbstredend auch im Cover-Artwork wider, das vom Selbstporträt „7 Twists“ der ungarischen Künstlerin Dóra Maurer inspiriert wurde. Es ist das erste Studioalbum, auf dem Audrey Tait (Drums, seit 2021) und Dino Bardot (Gitarre, seit 2017) zu hören sind. Julian Corrie an den Keyboards (seit 2017) und Kapranos‘ einzig verbliebener Bandmitgründer-Kollege Robert „Bob“ Hardy am Bass komplettieren das aktuelle Franz-Ferdinand-Lineup.
Thematisch dunkelstes Werk
Franz Ferdinand haben nie versucht, etwas anderes zu sein, als sie selbst. Seit ihren frühen Bandtagen definieren sich die Schotten durch eine dynamische, nach vorn gerichtete musikalische Gangart, gepaart mit einer Vorliebe für Tempowechsel und eingängige Melodien, die ihre Hörerschaft buchstäblich umarmen – ihr Signature-Song „Take Me Out“ vom selbstbetitelten Debütalbum aus dem Jahr 2004 ist dafür ein Paradebeispiel.
Und auch, wenn „The Human Fear“ ihr thematisch vermutlich bislang dunkelstes Werk ist und tiefsitzende menschliche Ängste, Isolation, Leidenschaft, Paranoia sowie unausgesprochene Sehnsüchte behandelt, setzen Franz Ferdinand diese Tradition auf dem neuen Tonträger nahtlos fort: Mit dem Album-Opener „Audacious“ lösen sie ihr Versprechen auf Indie-Ohrwürmer ohne Umschweife gleich zum Start der Platte ein.
Unverschämt melodisch
„Alright, here we go with riff one“, lässt Leadsänger Kapranos uns im Intro noch kurz wissen, bevor der Track in seinen fast schon unverschämt großen melodischen Chorus mündet. Überhaupt waren die Glasgower schon immer wahrhafte Meister darin, eine gewisse musikalische Komplexität zu erschaffen, die am Ende dennoch für ihre Zuhörerschaft stets leicht verständlich bleibt. Das ist echte Kunst.
„The Doctor“ ist ein für Franz Ferdinand typisches, energiebeladenes Stück, das von den zahlreichen Krankenhausbesuchen Alex Kapranos‘ als Kind erzählt, die dieser seinem chronischen Asthma zu verdanken hat. Die zurücknehmende Midtempo-Nummer „Everydaydreamer“ hingegen kann fast schon als balladesker Moment des Albums angesehen werden. Auf das Groove-Song-Pärchen bestehend aus „Build It Up“ und „Night Or Day“ folgt mit „Tell Me I Should Stay“ ein Lied, das dem Soundtrack eines Westerns entstammen könnte und „Cats“ trägt einen Johnny-Cash-haften, stampfenden Country-Beat im Refrain. Flirrendes Pianospiel auf „Bar Lonely“ lädt zum Träumen ein, bevor das explosive „Birds“ die sechste LP Franz Ferdinands fulminant beschließt. Kapranos‘ Baritonstimme bleibt in allen Songs gewohnt beweglich – kräftige Tiefen fließen nahtlos über in glasklare Höhen – und klingt dabei selbstbewusster denn je.
Keine musikalische Milde
„Dieses Album zu machen war eine meiner lebensbejahendsten Erfahrungen“, so Frontmann Alex Kapranos, der vor seiner Musikerkarriere unter anderem als Englisch-Lehrer und Koch gearbeitet hat, anlässlich der Platten-Promo. „Denn Angst erinnert dich daran, dass du am Leben bist.“ Viele Bands mit einer vergleichbar langen Amtszeit wie Franz Ferdinand werden mit der Zeit musikalisch milder – für die Schotten indes scheint das keine Option zu sein.
Das Jahr 2025 verspricht Album-Releases vieler formidabler Indie-Künstler wie den Manic Street Preachers, Brandon Flowers, Sam Fender sowie den großartigen Sparks um das Brüderpaar Ron und Russell Mael, die im Jahr 2015 unter dem Band-Signet FFS ein Kollaborationsalbum mit Franz Ferdinand veröffentlicht haben. Glasgows Indie-Artrocker legen mit „The Human Fear“ einen aufregenden Kickoff des neuen Musikjahrs hin und haben die musikalische Messlatte für Acts ihres Genres sogleich mal in beachtliche Höhen geschraubt.
Deutschland-Shows
22.02.2025 – München, Muffathalle
24.02.2025 – Berlin, Huxleys Neue Welt
28.02.2025 – Köln, Die Kantine
30.05.2025 – Hamburg, Stadtpark Open Air
Band: Franz Ferdinand
Album: The Human Fear
VÖ: 10.01.2025
Label: Domino Records