Thees Uhlmann – Sincerely, Thees Uhlmann
Eine 29-Song lange Werkschau mit den Songs von Thees Uhlmann auf dreifach Vinyl? Braucht man die wirklich? Gute Frage.
Bevor wir aber zur Beantwortung dieser Frage kommen, hole ich kurz etwas aus. Das erste Mal hörte ich Tomte während meines Jura-Studiums in Bonn. „Schreit den Namen meiner Mutter“ (2003) ging in Indie-Kreisen gerade durch die Decke und die Band um den charismatischen Sänger Thees Uhlmann war in aller Munde. Ich muss gestehen, ich fand den Song und das Album wahnsinnig gruselig. Brandtson und The Get Up Kids waren halt geiler und holten mich emotional zu 100 Prozent ab. „Die Schönheit der Chance“ … pfff!
2006 – ich bin gerade durch das 1. Staatsexamen geflogen – liege ich abends zu Hause in meinem Bett und denke darüber nach, wie ich mir mein zukünftiges Leben vorstelle. Irgendwas muss sich ändern. Auf den Ohren: „Buchstaben über der Stadt“. Mein Freund Boris hat mir das neue Tomte-Album so lange schöngeredet, bis ich es mir widerwillig auf meinen iPod spielte. Ich kann es heute nicht anders beschreiben, aber in dieser Nacht habe ich Tomte verstanden. Was für ein tolles Album. Über Freundschaft, über Dankbarkeit, über die Gefühlswelt von Thees Uhlmann und über die Kraft immer weiterzumachen. Am nächsten Tag habe ich beim Prüfungsamt angerufen und mich für einen zweiten Versuch angemeldet.
„Wenn man nur wüsste, woher man kommt, wenn man nur wüsste, wohin es einen unweigerlich führt und wann du mich das nächste Mal berührst. Mit den schönsten Songs der Welt, durch das schönste aller Leben.“ („Geigen bei Wonderful World“)
Seitdem bin ich Fan. Mal mehr, wie beim Solo-Debüt 2011, mal weniger, wie beim darauffolgenden „#2“. Und auch wenn meine Frau bis heute jammert, wenn ich die Songs von Thees anmache, selbst sie hat durch mehrere seiner Live-Auftritte verstanden, was für ein guter Dude der gebürtige Niedersachse ist und wie viel seine Songs den Menschen bedeuten. Immerhin.
Aber kommen wir zurück zur Anfangsfrage. Braucht man eine Best of-Zusammenstellung der Songs von Thees Uhlmann? Unbedingt. Nicht nur, dass das dreifach Vinyl ganz wundervoll aussieht, nein, die 29 Stücke auf „Sincerely, Thees Uhlmann“ beleuchten quasi das gesamte Schaffen des Musikers und seine beeindruckende Entwicklung als Songwriter. Beginnend mit dem noch sehr punkigen etwas naiven „In Köln und dann in meinem Zimmer“ (vom Tomte-Debütalbum „Du weißt, was ich meine“ (1998)) bis hin zum poppigen „Avicii“ (2019). Dazu gibt es die wundervolle FC St. Pauli-Hommage „Das hier ist Fußball“, die mich als Fan dieses Vereins schon sehr lange begleitet.
„Du so F-Dur, ich so a-Moll“ („Avicii“)
Diese Werkschau ist keine klassische Greatest Hits-Zusammenstellung. Die würde man auch weder Thees noch seinem Label Grand Hotel van Cleef abnehmen. Es geht auf „Sincerely, Thees Uhlmann“ um die richtigen Lieder und Zeilen im richtigen Moment. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit in der Auswahl der Stücke steckt.
Für mich hat Thees in den vergangenen 20 Jahren ganz oft die richtige Zeile im richtigen Moment gesungen. Und ich glaube, so geht es ganz vielen Menschen, die der deutschsprachigen Indie-Musik zugetan sind. Viel besser kann man das nämlich nicht machen. Und auch mit „Hinter all diesen Fenstern“, das ich immer wieder aus dem Plattenregal ziehe, habe ich mittlerweile meinen Frieden gemacht. Vielleicht war ich ja 2003 einfach noch nicht so weit. Wer weiß das schon.
Künstler: Thees Uhlmann
Album: Sincerely, Thees Uhlmann
VÖ: 06.12.2024
Label: Grand Hotel Van Cleef
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