The Levellers & The Lottery Winners – Köln, Gloria Theater, (14.11.2024)
Wenn es Herbst wird in Europa beehren The Levellers in unregelmäßigen Abständen die Domstadt mit ihrer fesselnden Melange aus kritischem Punk-Rock und traditionellem Folk. Am gestrigen Abend im Kölner Gloria hatten die Briten obendrein ein ganz besonderes Support-Schmankerl im Gepäck.
Pünktlich um 20 Uhr eröffnen The Lottery Winners aus Manchester den Abend und haben mit ihrem wilden Indie-Pop eine nicht ganz ausverkaufte, aber von Beginn an gut gefüllte Location schnell im Griff. Songs wie „The Meaning of Live“, „Burning House“ oder „Letter To Myself“ gehen ins Ohr und in die Beine – und so tanzt sich ein gut gelaunter Mob durch ein Gloria-typisch super abgemischtes Set, bei dem neben dem tollen Spiel der Band vor allem die schönen zweistimmigen Backing-Vocals von Bassistin Katie Lloyd und Gitarrist Robert Lally begeistern.
Sänger und Gitarrist Thom Rylance ist währenddessen ein Frontmann par excellence. Regelrecht aufgedreht ist er im ständigen Austausch mit dem Publikum, macht Spielchen, choreografiert Cheers und Gesänge und flutet parallel mit alldem den bandeigenen Insta-Kanal. Crazewire-Kollege Lasse, merkt zwar zu recht an, dass The Lottery Winners kompositorisch vielleicht „… nicht bei jedem Song das Rad neu erfinden“, aber wer wüsste besser als der Gitarrist von Schreng Schreng & La La , dass das nicht alles ist, wenn es um unterhaltsame und packende Livemusik geht. Das Resümee unserer Reisegruppe jedenfalls fällt einstimmig aus: „Super Show, die sehen wir wieder!“.
Und das kann sehr schnell gelingen, denn offensichtlich wollen die Briten, die in ihrer Heimat längst über den Newcomer-Status hinaus sind, nun auch auf dem Festland Fuß fassen. Schon im März wird es das Quartett zur Veröffentlichung ihres vierten Albums KOKO (VÖ: 21.02.2025) wieder nach Köln führen (08.03.2025, Club Volta). Und im Sommer des kommenden Jahres eröffnen sie dann – man höre und staune – für Robbie Williams auf dessen großer Europatournee.
Nach angenehm knapper Pause beginnen um kurz nach 21 Uhr dann The Levellers ihr Set. Der Opener „Riverflow“ dreht in Sekunden das komplette Gloria auf links und katapultiert uns alle ohne Vorwarnung in die frühen Neunzehnneunziger zurück. Nahtlos folgen mit „15 Years“, „Battle Of The Beanfield“ oder „England My Home“ weitere Band-Klassiker aus dieser Zeit, ehe Sänger und Gitarrist Mark Chadwick erstmals und nur kurz das Wort ans Publikum richtet. Gesprochen wird jetzt ohnehin nicht mehr viel. Stattdessen konzentriert man sich auf die perfekte Inszenierung einer mit Hits gespickten Zeitreise, bei der ich mich vor allem über „The Road“, „Another Man’s Cause“ oder die schöne Akustik-Nummer „The Boatman“ freue, die Chadwick im Gitarrenduett mit dem neuen Band-Mitglied Dan Donnelly performt.
Während Donnelly, Jon Sevink (Violine) und auch der leicht vercheckt wirkende Jeremy Cunningham (Bass) lachen, springen und tanzen, scheint Frontman Chadwick über weite Teile des Sets ein wenig reserviert – so als bliebe ihm bei seiner musikalisch rundum gelungenen Darbietung kaum Luft – oder kaum Lust – für Nebensächlichkeiten. Letzteres will ich natürlich nicht glauben.
Das zweite Set am heutigen Abend ist nicht nur der reinste Hit-Reigen, sondern auch die für The Levellers so typische variantenreiche Instrumentierung, die mit dem obligatorischen Gastauftritt des Didgeridoo spielenden Stephen Boakes ihren Höhepunkt findet, sorgt für Begeisterung im verschwitzten Rund. Selbst vermeintlich totgehörten Singles wie „One Way“ oder „Beautiful Day“ wird live neues Leben eingehaucht und als die Zugabe nach „Far From Home“ im „Liberty Song“ gipfelt, endet nach insgesamt zweieinhalb Stunden ein großartiges Programm zweier auf den Punkt agierender Bands.
Einzig die Tatsache, dass unsere alten Hymnen nach 30 Jahren ein wenig zur Folklore verkommen sind, lässt bei aller Euphorie auch etwas Schwermut mitschwingen. …aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.