Sivert Høyem – On an Island

Sivert Høyem, Kopf der norwegischen Band Madrugada, beweist auf seinem neuen Album „On an Island“ erneut, dass er nicht ohne Grund zu den bekanntesten Musikern Norwegens zählt. Dabei ist die Musik von Høyem gar nicht mal so einfach zu greifen. Die Schwere in seinen Songs und die Melancholie in seiner Stimme sind stellenweise anstrengend, aber eben auch wunderschön.

„On an Island“ entstand – so die Presseinfo – in einem alten Kirchenhaus im Fischerdorf Nyksund in Vesterålen im Jahr 2021. Nyksund in Nordland, Norwegen, liegt auf 68,59 Grad nördlicher Breite (dem Breitengrad Nordsibiriens) und hat neun ganzjährig lebende Einwohner. Einst war dies eine bedeutende Fischergemeinde. In den 1960er-Jahren wurde sie entvölkert, weil der Hafen für moderne Trawler zu flach ist. Høyem hatte den Wunsch, etwas „Einfaches und Abgeklärtes“ mit seinem Tontechniker Bjarne Stensli in einem großen Aufnahmeraum mit viel Hall zu schaffen. Dafür reiste der Musiker dann in den abgeschiedenen Norden des Landes und produzierte dort die neun neuen Stücke.

Diese geografische Einordnung scheint mir nicht ganz unwichtig, klingt „On an Island“ doch nach Einsamkeit und Stille, aber eben auch nach unfassbarer Energie. Die zeigt sich aber nicht durch die Arrangements der Stücke, sondern durch die gesangliche Performance Høyems, der unter anderem beim Titeltrack beweist, welche Range er singen kann – insgesamt ziemlich beeindruckend. Das Album wurde zudem in einem großen Raum als Live-Trio (Sivert Høyem, Christer Knutsen und Børge Fjordheim) aufgenommen, nicht unähnlich der Art und Weise, wie Jazzaufnahmen klassischer Weise gemacht werden. Nichts kommt aus einer digitalen Box mit voreingestellten Sounds. Diese Homogenität ist extrem gut gemacht und erinnert stellenweise an Nick Cave, den von Høyem geschätzten Brian Ferry oder (zumindest vom musikalischen Ansatz) an das Spätwerk der Walkabouts.

Songs wie das fast schon hymnische „Not Enough Light“ oder der bereits genannte Titeltrack sind die Höhepunkte eines ganz wundervollen Albums. Allerdings, und so ehrlich sollte man sein, „On an Island“ muss man sich in seiner Gesamtheit auch erarbeiten. Der Charme des fast acht Minuten langem „The Rust“ erschließt sich nicht beim ersten Hördurchgang. Aber ganz ehrlich, man nimmt so ein Album auch nicht im Schein der Nordlichter am Rande der Zivilisation auf, weil man unbedingt ein fluffiges Popalbum produzieren möchte.

Künstler: Sivert Høyem
Album: On an Island
Label: Warner Music
VÖ: 26.01.2024