Schrottgrenze – Glitzer auf Beton
Ende August in einem kleinen Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Schrottgrenze spielen einen umjubelten und absolut grandiosen Auftritt. Ich stehe etwas Abseits in der dritten Reihe und bin mehr als nur beeindruckt.
Das Dorf ist bekannt als „Nazidorf“ Jamel und das Festival „Jamel rockt den Förster“ wird von den Eheleuten Lohmeyer organisiert, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. An diesem Tag spielen neben Schrottgrenze auch noch Das Auge Gottes, Beatsteaks und Fehlfarben. Aber am eindruckvollsten ist der Moment in dem Schrottgrenze-Sänger Alex den Refrain von „Sterne“ ins Publikum singt – „Lieb doch einfach wen Du willst“. Ich hoffe in dem Moment, dass die Nachbarn des Festivalgeländes richtig zuhören. Für mich tatsächlich der emotionale Höhepunkt des Festivals.
Warum ich im Januar 2017 dieses bemerkenswerte Album nicht besprochen habe, weiß ich heute tatsächlich nicht mehr. Kann natürlich an der Geburt meines Sohnes liegen, der ein paar Wochen vorher geboren wurde. Vielleicht hab ich es aber auch schlicht und ergreifend vergessen. Unter dem Eindruck des Live-Auftritts und der netten Gespräche vor und nach dem Konzert der Band möchte ich aber doch noch ein paar Zeilen zum Album verlieren. Zum einen ist es musikalisch ganz hervorragend. Zum anderen ist es ein Album für „alle, die die Queer-Community unterstützen.“ Außerdem so Sänger Alex „richtet es sich auch an Leute, die Vorurteile und keinen Bock auf das Thema haben.“
Ein Konzeptalbum für die Queer-Szene, in der sich Alex bewegt und dessen Teil er in Hamburg seit Jahren ist. In Zeiten, in denen Homophobie immer noch ein weitverbreitetes Thema ist, sollte man sich die Zeit nehmen noch einmal über seine Antennen und seine eigene Einstellung nachdenken. „Lieb doch einfach wen Du willst!“, ist es nicht das, was wir alle wollen?
Auch musikalisch ist „Glitzer auf Beton“ ein wundervolles Album. Power-Pop? Indie-Rock? Geschenkt. Schöne Melodien, schlaue Texte und der ein oder andere Hit („Sterne“, „Glitzer auf Beton“, „Zeitmaschine“) machen dieses Album noch beeindruckender. Auch wenn die Band live noch einen Zacken zulegt und sich auch der ein oder andere schwächere Song zwischen den Hits versteckt. So ist „Glitzer auf Beton“ auch acht Monate nach VÖ ein wichtiges Zeichen in einer gefühlt immer ätzenderen Welt und auch objektiv betrachtet ein tolles Album. Wie singt Alex im Titelsong: „Wir fallen runter, wie Glitzer auf Beton. Und malen die Stadt so bunt, wie wir eben sind.“ Richtig so!
Video: Schrottgrenze – „Sterne“