The Jesus And Mary Chain – Köln, Live Music Hall (12.04.2024)
„Songs are not allowed to be a piece of shit.“ So lautet eine der Ü60-Musiker-Lebensregeln, die Jim Reid sich selbst und seinem Bruder William auferlegt hat. Ihre Band The Jesus And Mary Chain ist zu Gast in der Kölner Live Music Hall, die mit rund 1.500 Gästen so gut wie ausverkauft ist.
Und „shit“ oder dergleichen ist hier und heute mal so überhaupt gar nix: Die Gebrüder Reid donnern ihrem Publikum ein fulminantes 22-Tracks-Set aus 40 Jahren Bandhistorie um die Ohren. Bestehend aus All-Time-Classics wie „Happy When It Rains“, „Darklands“, „Just Like Honey“ sowie brandneuen Stücken wie „Pure Poor“, „Jamcod“, und „Chemical Animal“ aus ihrem aktuellen Longplayer „Glasgow Eyes“ (siehe unsere ausführliche Album-Besprechung in Crazewire #2).
Während The Jesus And Mary Chain früher auch gerne mal mit dem Rücken zum Publikum spielten, suchen sie heute regelmäßig den Kontakt zu ihren Fans. Gelegentliche Ansagen sind zwar kurz und knapp gehalten, klingen aber so, als kämen sie von Herzen. Die Reid-Brüder scheinen nach vier Jahrzehnten Bandgeschichte schlussendlich im Reinen mit sich und dem Rest der Welt. Können sie ja auch ruhigen Gewissens sein: Schließlich gilt ihre Band aus dem schottischen East Kilbride mit ihrer Musik als der Urknall von Shoegaze und Noise. Und ihrem Status als Genre-Begründer werden The Jesus And Mary Chain in der Domstadt einmal mehr gerecht.
Turmhoch bauen sie vor ihrem frenetischen Anhang im Ehrenfelder Club die Soundwall ihres klugen Krachs auf, gewaltig und glockenklar, an welchem neben dem Gründerduo auch die drei grandiosen Bühnen-Begleitmusiker an Drums, Bass und einer weiteren Gitarre großen Anteil haben. Garniert wird das Ganze seit jeher mit den federnden The-Jesus-And-Mary-Chain-Melodien, die an den Beat des glorreichen Sixties-Pop und Bands wie The Beatles und The Ronettes erinnern. Und so fließen die Songs und ihre lärmenden Feedbacks nahtlos ineinander zu einer gut 100-minütigen nostalgischen Indiemusic-Reise zurück in die Zukunft, an die sich alle, die dabei gewesen sind, noch lange erinnern dürften – zeitlos schön.