Turnstile – Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle (20.11.2025)
Es gibt im Moment wohl keine Band, die so angesagt ist wie Turnstile. Ihre musikalische Entwicklung in den vergangenen Jahren ist ebenso beeindruckend, wie ihre Live-Präsenz.
Zuerst wundere ich mich jedoch über den komplett zusammengebrochenen Schwarzmarkt vor der Halle. Während die Händler ihre Tickets kaum loswerden, freuen sich Schnäppchenjäger*innen über Karten, die für 10 Euro den Besitzer wechseln. In der Halle angekommen, ist man erst einmal beeindruckt – und zwar von den Merch-Preisen. 50 Euro für ein T-Shirt und 100 Euro für einen Kapuzenpullover sind, selbst wenn der Veranstaltungsort seinen Anteil haben möchte, eine absolute Frechheit. Ganz ehrlich: Wo soll das denn noch hinführen?

High-Vis
High-Vis starten gegen 19:15 Uhr – eine undankbare Uhrzeit, denn die Halle ist zu diesem Zeitpunkt noch halb leer. Das scheint die Band jedoch nicht zu kümmern. Sänger Graham Sayle nutzt die halbe Stunde Set für sein ganz eigenes Gymnastikprogramm, während die wirklich gut eingespielte Rhythmusfraktion Hit auf Hit in die große Mitsubishi Electric Halle feuert. „Choose To Lose“ oder „Trauma Bonds“ sorgen für die ersten Crowdsurfer*innen und für gute Laune im Publikum. Ganz tolle Band!
Das sollte sich danach allerdings schnell wieder ändern. Denn die darauffolgenden The Garden lassen einen Großteil des Auditoriums sprach- wenn nicht gar fassungslos zurück. Ich habe selten eine derart deplatzierte Band erleben dürfen. Spätestens als der Drummer Purzelbäume über die Bühne macht (okay, es sollten wahrscheinlich coole „Hechtsprünge“ sein), schalte ich komplett ab. Eigentlich ist es eine Frechheit, dass das Duo nach High-Vis auftreten darf. Aber gut, vielleicht habe ich es einfach nicht verstanden – ich bin ja schon etwas älter.

Brendan Yates / Turnstile
Turnstile lassen sich danach ein wenig bitten. Das finde ich zwar immer etwas ärgerlich, schmälert aber weder meine Vorfreude noch die der Menschen in der mittlerweile sehr gut gefüllten Halle. Die Band startet mit „Never Enough“, dem Titeltrack ihres neuen, wirklich hervorragenden Albums. Das Publikum frisst ihnen bereits nach wenigen Sekunden aus der Hand. Es folgen „T.L.C.“, „Endless“ und später „Real Thing“ und „Drop“. Der Moshpit im vorderen Drittel achtet ganz wunderbar aufeinander. Auch das gehört zum Selbstverständnis dieser Band: Hier passt man aufeinander auf. Überhaupt nimmt man Turnstile die Freude über ihren Erfolg voll und ganz ab.
Brendan Yates ist darüber hinaus einer der charismatischsten Frontmänner der 2020er-Jahre. Drummer Daniel Fang hält das Grundgerüst extrem tight zusammen, während sich Gitarre und Bass perfekt ineinanderfügen. Dazu gibt es ein wirklich großartiges Licht – das sei extra erwähnt, weil es der ohnehin guten Stimmung noch das ein oder andere visuelle Highlight verleiht. Gegen Ende folgen dann der Überhit „Holiday“, „Mystery“ und das brillante „Birds“.
Die Debatte, ob Turnstile noch immer Hardcore sind, verbietet sich nach diesem Abend. Man wird hier schlicht auf keinen gemeinsamen Nenner kommen. Musikalisch schauen sie definitiv über den Tellerrand, haben aber immernoch Momente der puren Power. Fakt ist: Turnstile sind eine der besten Livebands, die ich in den vergangenen Jahren gesehen habe. Sie propagieren in ihren Texten und in ihrem Auftreten weiterhin ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Und ganz ehrlich: Allein dafür darf man diese Band toll finden.
