Zaz – Palladium, Köln (16.12.2025)

Größer hätte der Kontrast kaum ausfallen können: Vor gut zwei Monaten noch im goldenen Glanz des Théâtre Sébastopol in Lille mit dem persönlichen Live-Highlight 2025 beschenkt, erleben wir die französische Ausnahmesängerin Zaz nun in der regelrecht unmittelbaren Clubatmosphäre des Kölner Palladiums. 

Die Location im Köln-Mülheimer Industriegebiet ist – wie alle deutschen Spielorte der Tour zum aktuellen Zaz-Album „Sains Et Saufs“ – restlos ausverkauft. Dennoch liegt eine erstaunlich gelassene, beinahe höfliche Stimmung in der Luft, als der britische Singer-Songwriter Charlie Winston gegen 20:30 Uhr den Abend eröffnet. In einer knappen Dreiviertelstunde präsentiert er freundlich und gut gelaunt seinen hookigen Pop – überwiegend in Stripped-Down-Versionen der Songs seines aktuellen Albums, das bereits sein sechstes ist. Darüber will ich mich schon wundern, erfahre aber schnell, dass Charles mit dem Hit „Like A Hobo“ bereits 2008 seine fünf Minuten Ruhm genossen und unter anderem auch auf den Privatsender-Couches von Raab bis Schmidt Platz genommen haben muss. An mir ist das Ganze damals allerdings ebenso spurlos vorbeigezogen, wie sein heutiger, trotz allem sympathischer Auftritt.

Als es nach nur kurzer Pause, begleitet von sonoren Tönen, wieder dunkel wird, erscheint Zaz – wie schon in Lille [>> Link] – offensichtlich backstage und im Selfie-Modus auf der Leinwand. Langsam vorwärtsschreitend spricht sie leise zu sich selbst und zu ihrem Publikum. Und als sie schließlich auch leibhaftig auf der Bühne erscheint, die GoPro noch ausgestreckt vor sich haltend, brandet Applaus auf und ohne große Worte der Begrüßung startet mit „Je pardonne“ eine knapp zweistündige Show, die sich – dem Tour-Titel entsprechend – vor allem um die Songs von „Sains Et Saufs“ drehen wird.

Setlist, Ablauf, Showeinlagen – alles entspricht unseren Erinnerungen aus der nordfranzösischen Großstadt im Oktober [>> Link]. Und doch ist heute alles anders. Wir sind nicht nur viel näher dran, die Show wirkt auch insgesamt nahbarer. Hatte der Abend im Théâtre Sébastopol mit Pomp und großen Gesten etwas regelrecht Erhabenes, finden wir uns hier mitten in einer Rock-Show wieder. Alles wirkt ein wenig intensiver – die Improvisationen ausgelassener, die Jazzgitarren lauter, die Band präsenter. Den großen Zauber von Lille kann Köln nicht bieten, doch Vergleiche sind ohnehin fehl am Platze. Wir freuen uns stattdessen einfach über weitere neue Facetten dieser Künstlerin und ihrer Musik, die – und da sind die beiden Abende wie aus einem Guss – von der musikalischen Exzellenz aller beteiligten Musiker und der unglaublichen Energie und dem Charisma der Hauptakteurin getragen wird.

Natürlich bilden auch heute die vielen Hits der vergangenen Jahre die Peaks der Show – „Les Passants“, „Comme Ci, Comme Ca“, „Si Jamais J’oublie“ und allen voran natürlich „On Ira“ werden vom erstaunlich textsicheren Publikum inbrünstig gefeiert. Mir persönlich bringt der Abend aber vor allem das aktuelle Album noch einmal näher: „Que Des Liens“, „Une Passarelle Vers De La Mer“ und ganz besonders die Intensität von „J’imagine Que Tu Sais“ mit seiner wahrlich beeindruckenden Gesangsleistung bewegen mich sehr.

Zum Finale aus Piafs „La Vie En Rose“ und dem Millionen-Hit „Je Veux“ haben wir uns aus den vorderen Reihen bereits nach hinten zurückgezogen und erleben erfreut, wie auch im etwas lichteren Teil der Halle lauthals gesungen und ausgelassen getanzt wird.

Wie erhofft ergänzen sich die so unterschiedlichen Abende in Köln und Lille also und ergeben zusammen ein vielfältiges Bild, das allerdings – da sind wir uns sicher – noch nicht vollständig ist. Dafür hat Zaz sicherlich auch in Zukunft noch zu viel zu sagen. 

[>> Hier geht’s zum Bericht aus Lille.]