Whatever… – Into Darker Days

Eigentlich wollte ich nur eine kurze Kritik zur neuen Whatever…-Platte „Into Darker Days“ schreiben. Aber dank Social Media und einem kurzen aber äußerst sympathischen Austausch mit Gitarrist Ben Wrecked habe ich mich dann etwas intensiver mit der Band beschäftigt.

Denn zunächst musste ich feststellen, dass es die Band bereits in den frühen 1990er-Jahren gab. Mir gänzlich unbekannt, schlug und schlägt die Band aber genau in die Punkrock-Kerbe, die ich sehr gerne mag. Schnell, catchy und mit dem ein oder anderen Gitarren-Solo, das den treibenden Beat noch weiter stützt. Und während der Opener „Our Decline“ des neuen Albums „Into Darker Days“ ein schön „old school“ aus den Boxen scheppert, werde ich beim folgenden „Watch Them Fall“ hellhörig, wird hier doch sehr klar gegen die aktuelle Trump-Regierung in den USA geschossen. Grund bei Wrecked nachzufragen:

„Der Text wurden als direkte Beobachtung und Kritik an Trump und seinen Anhängern geschrieben. Ich habe ungläubig zugesehen, wie Freunde, Familie und letztlich auch unser Land Opfer dieses Narren und kriminellen Betrügers wurden. Trump manipuliert die schlimmsten Ängste der Menschen, um politische Macht zu erlangen. Ich habe uns nie als eine „politische“ Band gesehen, aber ich hielt es für äußerst wichtig, klarzustellen, dass wir zu 100% antifaschistisch und anti-Trump sind“.

Foto: Ken Blaze

Das Vertrauen an unsere Regierung ist erschüttert
Für mich, der mit ungläubigen Staunen, aber eben auch aus einiger Entfernung beobachtet, was in den USA passiert eine erfreulich klare Ansage. Die aber auch einen persönlichen Hintergrund hat, wie der Gitarrist weiter ausführt.

„Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass so viele unserer Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder getäuscht werden konnten. Im Moment herrscht in den USA eine allgemeine Verzweiflung, während wir täglich die Nachrichten verfolgen, um zu sehen, welches neue Chaos Trump verursacht hat. Seine Rückkehr an die Macht hat bei vielen von uns das Vertrauen in unsere Gerichte und unsere Regierung erschüttert, da Trump für nichts, was er tut, zur Rechenschaft gezogen wird. Außerdem kommen alle in der Band aus der Arbeiterklasse. Unsere Altersvorsorgekonten, die direkt an den Aktienmarkt gekoppelt sind, haben durch Trumps sinnlose Handelskriege enorme Verluste erlitten.“

Hier könnte man den Bogen nach Deutschland spannen, denn auch hier hat man das Gefühl, dass nur ein kleiner Teil der AFD-Wähler*innen begreift, was auf sie zukommt, sollte die Partei wirklich an die Macht kommen. Aber kommen wir zurück zum Album. Denn Whatever… schaffen es auf Albumlänge die Spannung und das Tempo hochzuhalten. Dabei klingen Ben Wrecked (Gitarre), Peter Woodward (Bass), Matt Fish (Schlagzeug) und Brett Moore (Gitarre) so sehr nach den frühen 1990er-Jahren, dass man nostalgisch in eine Zeit zurücksehnt, in der viele Dinge doch noch sehr einfach erschienen.

This isn’t a reunion. It’s a reckoning!
Dabei liegt die Frage nahe, warum sich die Band, die sich 1991 gegründet und nach vier Alben 2000 wieder auflöste, ein Vierteljahrhundert später zusammengesetzt hat, um ein neues Album aufzunehmen.

„Wir haben 30 Jahre Leben, Tod, Erfolg und Misserfolg erlebt. Wir haben Karrieren aufgebaut, Familien gegründet und dabei erkannt, dass wir es vermisst haben, zusammen Musik zu machen. Unsere älteren Songs sind heute genauso relevant wie 1997, und wir haben immer noch viel zu sagen. Es gibt jetzt einfach mehr Gründe, wütend zu sein, als in den 1990ern. Und wir sind sauer!“ erklärt Wrecked die Gründe der Reunion.

Foto: Ken Blaze

Diese Angepisstheit zieht sich durch das gesamte Album, was ihm ziemlich gut steht. Bei Songs wie „No One´s Home“ oder dem treibende „Among The Dead“ wünscht man sich mit ein paar Hundert Gleichgesinnten in einen kleinen verschwitzen Club. „Into Darker Days“ ist wie gemacht für die Bühnen dieser Welt. Dabei bleibt sich Whatever… – hört man sich zum Beispiel das ziemlich gut gealterte „Youngsters“ (1997) an – ziemlich treu. Klar, einen Innovationspreis gewinnt man so nicht. Aber wir reden hier ja auch über Punkrock. Wer sucht hier schon nach Innovation? Auf die Frage, ob es für Punkbands in der jetzigen Situation schwieriger geworden ist, klarzukommen, muss man differenzierter auf die Lage der Musiker*innen in den USA schauen.

„Bisher haben wir keine direkten Auswirkungen als Band gespürt, abgesehen von den steigenden Lebenshaltungskosten, die alles teurer machen. Wir sind auch auf keine Anfeindungen gegen unsere Ansichten oder Texte gestoßen. Wenn jemand uns konfrontieren oder mit uns debattieren möchte, nur zu. Wir lassen uns jedoch nicht einschüchtern, wir treten nicht zurück. Wie ich schon erwähnt habe, hat die MAGA-Ära uns politisch bewusster gemacht und unsere Bereitschaft, gegen Faschismus und christlichen Nationalismus Stellung zu beziehen, verstärkt.“

Am Ende bleibt „Into Darker Days“ ein richtig gutes Punkrock-Album. Die Songs machen wahnsinnig Spaß, während die Musiker einiges zu sagen haben. Und da wir auch hierzulande vor Veränderungen stehen, sollten gerade die Stimmen gehört werden, die im Lärm der Konservativen und rechtsorientierten Kräfte da draußen ansingen. Schlimm genug, dass sie im täglichen Wahnsinn kaum noch stattfinden. Weder in den USA noch hier in Deutschland. Stellt sich am Ende also die Frage, warum man von so wenige Gegenstimmen in Politik und Kulturbetrieb hört.

„Ich wünschte, ich wüsste die Antwort darauf, ich bin verwirrt. Die Trump-Ära hat gezeigt, wie berauschend Macht sein kann. Menschen tolerieren fast alles, wenn sie dadurch Macht gewinnen oder behalten können. Die Demokratische Partei in den USA hat keinen Anführer und keine Ahnung, wie sie gegen die MAGA-Bewegung vorgehen soll. Die Republikanische Partei wird Trump unterstützen, solange sie dadurch an der Macht bleiben können. Diese Idioten sind jetzt an der Spitze. Damit die USA Trump loswerden, müssen viele Menschen eingestehen, dass sie falsch lagen. Leider glaube ich nicht, dass das bald passieren wird.“

Das befürchte ich leider auch. Solang es aber Bands wie Whatever…, Propaghandi oder Dead Pioneers gibt, sollte man die Hoffnung nicht aufgeben. Und wer weiß, vielleicht sehen wir Trump und Co. doch noch fallen.


Band: Whatever…
Album: Into Darker Days
VÖ: 30.05.2025
Label: Dr. Strange Records