Smashing Pumpkins & Weezer – London, The O2 (08.06.2024)

Wenn es um gemeinsame Tourneen oder Co-Headliner-Shows geht, sind die Smashing Pumpkins und Weezer vielleicht nicht unbedingt die allererste Wahl, die einem dafür als logische Kombination in den Sinn kommt. Mein jüngerer Sohn allerdings ist schier aus dem Häuschen, als seine beiden Lieblingsbands ihre exklusiv aufs UK und Irland beschränkte Mini-Konzertreihe als Doppelpack ankündigen. Und auch mich überzeugt er im Handumdrehen – und da das Vereinigte Königreich gottlob doch noch nicht sämtliche Brücken nach Europa hinter sich abgebrochen hat, bringt uns der Eurostar kommod in vier Stunden von Köln nach Big L.

Teen Mortgage

Bevor die beiden Schwergewichte des Alternative Rocks die Stage betreten, sorgt das Fuzzpunk-Duo Teen Mortgage in der mit 20.000 Fans aus allen Nähten platzenden O2-Arena für ein kurzweiliges Warm-up. James Guile (Gitarre & Gesang) und Drummer Edward Barakauskas überzeugen gute 30 Minuten lang mit ihrer knackig-aggressiven Mischung aus Ostküsten-Hardcore und Surfpunk. Zwei EPs und in diesem Jahr ihr selbstbetiteltes Debütalbum haben die beiden Jungs aus Washington D.C. bis hierhin veröffentlicht – ein klug gewählter Support-Act für den Londoner Konzertabend, bei dem sich vor der Bühne bereits das erste kleine Moshpit bildet.

In dem die Kids dann auch einfach munter weitertanzen, als nur wenige Minuten später Weezer die Bühne des O2 entern: „My Name Is Jonas“ aus dem sogenannten Blue Album, dem Band-Erstling aus dem Jahr 1994, ist der Kickoff für ein denkwürdiges Set, das einem 90-minütigen Triumphzug durch die Bandgeschichte der Alt.-Rock-Ikonen aus Los Angeles gleichkommt: „Beverly Hills“, „Undone – The Sweater Song“, „Say It Ain’t So“, „The Good Life“, „Island In The Sun“, „Hash Pipe“ und „Run, Raven, Run“ prasseln unter anderem auf das elektrisierte Londoner Publikum nieder – dargeboten mit fast schon unverschämter Lässigkeit. Selten bis vielleicht nie zuvor habe ich eine so in sich stimmige, unaufgeregte und gerade deshalb auch so mitreißende Performance gehört beziehungsweise gesehen.

Weezer

Und eigentlich kann das ja auch gar nicht anders sein, an dem musikalischen Ort, wo Metal-Sounds, California-Sixties-Pop-Melodien und Emo-Lyrics miteinander verschmelzen. Ob man ihre höchsteigene Spielart nun als College Rock oder Power Pop bezeichnet: Weezer sind – neben den Britpop-Legenden blur in ihren besten Momenten – die mit Abstand coolste Band, die ich kenne. Und die sich dennoch zum Ende ihres denkwürdigen Auftritts nicht zu schade ist, ihrem Co-Headliner zu huldigen: „Für uns ist ein Traum in Erfüllung gegangen – danke an die Smashing Pumpkins“, so Weezer-Sänger Rivers Cuomo. Worauf er und seine Bandkollegen Patrick Wilson (Schlagzeug), Scott Shriner (Bass) und Brian Bell (Gitarre & Keyboards) ein Cover des von Pumpkins-Mastermind Billy Corgan für Hole mit-geschriebenen Hits „Celebrity Skin“ erklingen lassen. Mit ihrem größten kommerziellen Erfolg „Buddy Holly“ beschließen Weezer ihr Set unter dem donnernden Beifall des O2 – mind-blowing.

Nur weitere wenige Augenblicke vergehen, bis die Smashing Pumpkins ihre aktuelle „The World Is A Vampire“-Tour auf die Londoner Konzert-Stage bringen – und brachial loslegen: „The Everlasting Gaze“, „Doomsday Clock“ sind die Opener und mit U2‘s „Zoo Station“ präsentieren sie sogleich ebenfalls einen Cover-Track, die die O2-Arena allesamt buchstäblich erschüttern lassen. Begleitet von den Original-Bandmitgliedern Jimmy Chamberlin (Drums) und James Iha (Gitarre) sowie der frisch rekrutierten und von Billy Corgan als neue Pumpkins-Gitarristin vorgestellten Kiki Wong nebst weiteren Live-Musikerinnen und -Musikern nimmt Großmeister Corgan, dessen kolossale Aura förmlich greifbar ist und die Arena mit fast schon ehrfürchtiger Atmosphäre erfüllt, das Publikum mit auf eine emotionale Reise voller karriereumspannender Klassiker wie „Today“, „Mayonaise“, „Bullet With Butterfly Wings“ und „Empires“. Corgan & Co. spielen dabei in ihrer eigenen Liga und sind schlichtweg über jeden künstlerischen Zweifel erhaben.

Smashing Pumpkins

Mir persönlich gefielen die Smashing Pumpkins stets beziehungsweise gefallen sie auch an diesem Abend noch immer dann am besten, wenn sie ein klein wenig in sich gekehrter agieren: Und so sind die Performances von „Ava Adore“ aus dem Longplayer Adore, „Disarm“ vom Album „Siamese Dream“, „Birch Grove“ aus ihrer 2020er-Synths-LP „CYR“, „1979“ aus ihrem Meisterwerk „Mellon Collie And The Infinite Sadness“ (1995) sowie „Tonight, Tonight“ aus ebendieser Platte, das mir förmlich die Tränen in die Augen treibt, für mich die Standout-Songs der Konzertnacht. Neben dem Gish-Liebling „Rhinoceros“ und dem Zeitgeist-Ära-Track „Gossamer“ vollenden die Chicagoer Alternative-Ikonen ihr fesselndes Set schlussendlich mit den Live-Favoriten „Cherub Rock“ und „Zero“ samt James Iha’s legendärem Gitarrensolo.

Vielleicht mögen die Smashing Pumpkins und Weezer nicht aus der exakt gleichen musikalischen Welt kommen, dennoch entspringen sie demselben Alternative-Rock-Kosmos, in dem beiden Bands ihr Platz schon jetzt auf ewig gewiss ist – ihr gemeinsamer begeisternder Auftritt für die Geschichtsbücher in London hat dies nur einmal mehr untermauert.