NOFX – Köln, Tanzbrunnen (26.05.2024)
NOFX kommen auf Abschiedstour und alle alten Punkerinnen und Punker im Rheinland haben sich noch mal zu Ehren dieser großartigen Band schick gemacht. Zumindest scheinen einge Band-Shirts schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel zu haben.
Im Vorfeld gab es die mittlerweile obligatorischen Diskussionen darüber, ob 90 Euro Eintrittspreis noch Punkrock sind, bei sieben Bands und fast 8 Stunden Programm am Ende aber etwas müßig, wie ich finde. Auch wenn ich natürlich verstehe, dass ein Großteil des Publikums eben nur NOFX sehen wollte und es dafür sehr viel Geld ist. Ich erreiche den Tanzbrunnen in Köln-Deutz gegen 15:30 Uhr, habe also die von allen Seiten im Vorfeld gelobten Clowns verpasst. Die Hardcore-Urgesteine Negative Approach fand ich schon vor 30 Jahren so semi gut und so konnten wir uns während ihrer Show ein bisschen sortieren. Denn, und das war das wirklich Tolle an diesem Tag, die Bezugsgruppe war derart groß, dass wir froh waren uns gegenseitig ein bisschen upzudaten.
Das erste Highlight dann The Last Gang. Mir im Vorfeld gänzlich unbekannt, überzeugte mich die Band aus Los Angeles bereits bei der kurzen Hörprobe im Zug nach Köln. Live zeigt Sängerin Brenna Red, welche Power sie und ihre Band haben. Sehr gut. Die folgenden Scream kennt und schätzt man seit jeher. Aber vom Hocker reißt mich ihre halbe Stunde dann doch nicht. Dann Itchy. Ich habe mich im Vorfeld gefragt, was das Trio in diesem Line-up zu suchen hat. Ich schätze die Band ja sehr, aber sie wirken trotzdem etwas fehl am Platz. Und so sind die Publikums-Reaktionen auch sehr unterschiedlich. Während ein Großteil des Auditoriums in der vorderen Hälfte ganz gut Alarm macht, guckt mich nach der Show ein Unbekannter an und fragt mich, ob ich schon mal etwas Schlechteres als diese Band gesehen hätte. Da sich Itchy aber mit allzu ausschweifenden Ansagen zurückhalten, bieten sie eine mehr als solide Rock-Show, die dann auch den verdienten Applaus einheimsen kann. Also ja, ich habe schon Schlechteres gesehen.
Wo wir gerade bei schlechten Shows sind. Ich habe vollstes Verständnis für das Standing, das die Circle Jerks in der Hardcore-Szene innehaben. Und ich verstehe auch, warum Fat Mike sie bei ihrer Abschiedstour dabei haben möchte. Aber ganz ehrlich, das war gar nichts. Weder soundtechnisch noch von der allgemeinen Darbietung. Also schnell ein letztes Kaltgetränk, die Bezugsgruppe zusammengetrommelt und ab ins vordere Drittel.
Und dann passiert das, was man sich im Vorfeld erhofft hat. NOFX haben heute eine fantastische Setlist im Gepäck, sind spielerisch und gesangstechnisch gut drauf (das hat man ja alles schon ganz anders gesehen/gehört) und zerlegen folgerichtig den Tanzbrunnen innerhalb der ersten 5 Minuten. „Stick In My Eyes“, „Leave It Alone“ und „Bob“ kommen recht früh. „The Brews“ und „Linoleum“ gegen Ende des regulären Sets. Dazwischen ein Greatest Hits-Show mit einem gefühlten Schwerpunkt auf „So Long & Thanks For All The Shoes“ (1997). Aber hey, wer will das im Nachgang so genau wissen. Die Menge vor der Bühne hat augenscheinlich ihren Spaß. Ich fühle mich noch mal 30 Jahre jünger und freue mich zu sehen, wie Freunde, mit denen ich schon Anfang der 1990er-Jahre NOFX gehört habe, offensichtlich das gleich fühlen. Nach ziemlich genau einer Stunde ist erstmal Schluss. „Pinkelpause“, wie die Band sagt. Sie kommt dann noch mal zurück, um „Franco Un-American“, „Kill All The White Man“ und das 18-minütigen „The Decline“ in die Menge zu feuern.
Danach ist schon Schluss. Und der ein oder andere guckt doch etwas irritiert, wenn auch zufrieden ins Rund. Ich für meinen Teil bin happy, hätte mir doch die erste Stunde schon gereicht, um glücklich nach Hause zu fahren.
(Fotos: Sebastian, Jörg, Lasse)