Kettcar & Thees Uhlmann – Live in Düsseldorf (16.08.2017)
Kettcar und Thees Uhlmann im Zakk. Bei solch einem grandiosen Line-up rottet sich auch die erste Generation Crazewire zusammen und verabredet sich auf ein paar Bier in Düsseldorf. Das Zakk ist ausverkauft, die Laune beim Publikum hervorragend und die Kaltgetränke tatsächlich kalt. Was will man mehr?
Ich erinnere mich noch ziemlich gut an meinen 25. Geburtstag. Die Welt schlecht, die Regenwolke über meinem Kopf ziemlich groß und die Motivation mein Studium abzuschließen, extrem niedrig. Eine gute Freundin von mir hatte zwei kleine Geschenke für mich, die sie mir mit den Worten „Das eine um Dich runterzuziehen, das andere um Dich wieder aufzubauen“ überreichte. Im ersten Päckchen befand sich „Garp und wie er die Welt sah“, ein extrem deprimierendes Buch von John Irving. Im zweiten Päckchen „Du und wieviel von deinen Freunden“ von Kettcar. Klar, ich kannte But Alive… hatte der Band aber keine allzu große Bedeutung geschenkt. Aber dieses Album, es hat mir irgendwie den Arsch gerettet. Irgendwie hat dieses Album die Regenwolken über meinem Kopf weggeblasen und mir Kraft gegeben, dieses Kackstudium abzuschließen. Dass Kettcar danach eher mittelmäßige Alben veröffentlichte, geschenkt. Dass die Welt immer noch schlecht ist, okay. Trotzdem haben die Hamburger für mich eines der wichtigsten deutschsprachigen Alben aller Zeiten aufgenommen (neben dem grandiosen „Raum um Raum“ von Jupiter Jones).
Im Zakk spielen sie natürlich eine Handvoll Songs von ihrem Debütalbum. „Ich danke der Academy“, „Balkon gegenüber“ samt belangloser Ergänzung in Form einer zweiten Strophe, „Im Taxi weinen“ und das obligatorische „Landungsbrücken raus“ zum Schluss. Alles Stücke, die mir extrem viel bedeuten und den Abend bereits ziemlich früh ziemlich großartig werden lassen. Dass „Von Spatzen und Tauben, Dächern und Händen“ eigentlich eine zweite Chance verdient hätte, beweisen „Deiche“ und „48 Stunden“. Vielleicht sollte ich das Album doch noch mal herauskramen. Die neue Single „Sommer ’89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)“ wird unkommentiert gespielt und vom Publikum ordentlich abgefeiert. Man merkt, dass hier und heute das übliche Vorband/Hauptband-Spiel außer Kraft gesetzt wurde. Kettcar hätten wahrscheinlich auch alleine das Zakk ausverkauft. Das führt bei mir zu dem komischen Gefühl, um kurz nach neun bereits nach Hause gehen zu wollen.
Aber… es kommt ja noch Thees Uhlmann. Buchautor, Musiker und Rampensau. Ich mag ihn ja sehr gerne, auch wenn ich seine Platten zu Hause eher selten höre. Live aber ist er eine absolute Bank. „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“, „17 Worte“ und auch „Die Nacht war Kurz (ich steh früh auf)“ sind Hits, die man so erstmal schreiben muss. Und wenn der bekennende FC St. Pauli-Fan am Ende noch „Das Hier ist Fussball“ spielt, hat er bei mir eh gewonnen. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass 15 Jahre Grand Hotel Van Cleef tatsächlich ein Grund zum Feiern sind, dass sowohl Kettcar als auch Uhlmann grandios abgeliefert haben und dass Julia Hügel (Keyboarderin in Thees Uhlmanns Liveband) schlicht und ergreifend bezaubernd ist.
Am Ende des Abends bin ich angenehm betrunken, schwelge mit alten Freunden in Erinnerungen und lege zu Hause zuerst Phase V und dann Dag Nasty auf. Zumindest erstgenannte Band ist mir am nächsten Morgen ein wenig unangenehm. Muss ein super Abend gewesen sein.
Offizielle Homepage Thees Uhlmann
Video: Kettcar – „Sommer ’89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)“