Hollow Horse – 5
Hollow Horse, gegründet 1984 vom Kunststudenten Kenny Little, bringen mit „5“ ihren fünften Longplayer heraus. Er versammelt (minus Intro/Outro) elf eingängige Indie-Sophistipop-Tracks – und darf als kleines Spät-Meisterwerk der Glasgower Band angesehen werden, die vom Radar großer Labels leider nie so richtig erfasst wurde.
Die schottische Metropole war schon immer ein verheißungsvoller Ort für grandiose Musik: Travis, Primal Scream, Lloyd Cole And The Commotions, Simple Minds, Teenage Fanclub und Franz Ferdinand stammen aus Glasgow, wo Werftarbeiter auf Art-School-Absolventen treffen und Weltkarrieren sowie zerplatzte Träume oft nur einen Akkord voneinander entfernt sind.
Glasgow, Stadt der Gegensätze
„Glasgow ist eine harte, raue Industriestadt, ein Ort voller Gegensätze, in der große Armut und großer Reichtum Seite an Seite existieren“, berichtet Hollow-Horse-Sänger und -Songwriter Little mir im Interview. „Die Härte und Zärtlichkeit Glasgows spiegelt sich meiner Meinung nach in der Musik wider, die hier geschrieben und produziert wird. Und für aufstrebende Teenager aus der armen Arbeiterklasse wie mich und viele andere gab es nur zwei Fluchtmöglichkeiten aus unserem Alltag: Fußball oder Musik. Deshalb hat Glasgow eine so lebendige Musikszene mit unzähligen brillanten Bands.“
Jahrzehnte nach der Gründung von Hollow Horse erscheint „5“ nun auf dem kleinen, aber feinen deutschen Indiepop-Label Platiruma, für dessen Betreiber Sebastian Voss Glasgow die Hauptstadt exzellenter Popmusik ist. Produziert wurde die Platte einmal mehr von Bandmitglied und Ex-China-Crisis-Keyboarder Brian McNeil, der den wärmenden Hollow-Horse-Sound feinsinnig inszeniert. Neben ihm und Frontmann Kenny Little (Gesang und Gitarre) gehören zum festen Hollow-Horse-Kern noch Ian Stevenson (Drums, Percussion), Bassist Kevin Devlin und die Sängerin Suzanne Enterkin-Kelly.
Makelloses Dokument Sophistipop
„Als ich versuchte, das neue Songmaterial zu schreiben, fiel mir einfach Nichts ein“, erinnert sich Little, „doch dann wurde mir bewusst, dass dies unser fünftes Album sein würde – und ich fragte mich, ob die Zahl fünf eine Bedeutung hat. Als ich herausfand, dass sie in Verbindung mit persönlicher Freiheit und Unabhängigkeit, Lebenserfahrungen und Widerstandsfähigkeit steht, zudem Entschlossenheit, Abenteuerlust, Fantasie und Mut symbolisiert, flossen die Lieder recht frei und leicht aus mir heraus, und mir war klar, dass der Albumtitel ‚5‘ sein musste.“
„5“ ist ein spätes, makelloses Dokument Sophisticated Pops im allerbesten Sinne: mit viel Gefühl, klanglicher Eleganz, malerischen Lyrics und klarer Haltung. Also all den Attributen, die diesem Subgenre des Indiepop, das in den frühen Achtziger-Jahren aus schottischem New Wave und der New-Romantic-Bewegung entstand und sich am Blue-Eyed-Soul der 1960er-Jahre orientiert, klassischerweise zugeschrieben werden und zu dessen berühmtesten Bands Danny Wilson, Wet Wet Wet und Aztec Camera zählen.
Wohlig-warme Sommerbrise
Dabei erinnert die im positivsten Sinne detailverliebte Produktion von „5“ mitunter an die frühen Spandau Ballet, Londons legendäre Blitz Kids, weist aber auch musikalische Parallelen zu den großartigen Ocean Colour Scene aus Birmingham auf, die in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre in Großbritannien den Gipfel ihres Erfolgs erklommen. „Auf unserem vorherigen Album ‚Leaving Without Saying Goodbye‘ gab es eine Reihe von Ideen und Themen, die als Hommage an unseren früheren Bassisten Kenny Anderson zu verstehen sind, einen meiner ältesten und liebsten Freunde für 45 Jahre, der plötzlich verstarb“, so Little. „Die Produktion dieses Longplayers war ziemlich intensiv und dauerte neun Monate. Deshalb wollte ich, dass unsere neue Platte ‚5‘ etwas leichter daherkommt.“
Und das ist Hollow Horse in vorzüglicher Manier gelungen: Anspieltipps sind der nachdenkliche Opener „How You Look At Things Through The Lens Of Time“, das dynamische „Burning The Paper“, die liebreizende Ballade „You Are The Universe“, die ihre Zuhörerschaft sanft berührt wie eine wohlig-warme Sommerbrise, das pulsierende „I Generate Joy“ und das melancholische „For Every Fall There Is A Rise“, auf dem Suzanne Enterkin-Kelly mit ihrer Gesangsdarbietung glänzt.
„Hollow Horse sind seit jeher so eine Art Außenseiter in der Musikszene Glasgows sowie Schottlands – und obwohl ich viele Musikerinnen und Musiker bekannter Gruppen persönlich kenne, sind wir immer unseren eigenen Weg gegangen und nie auf irgendeinen Bandzug aufgesprungen, sondern standen eher am Wegesrand und sahen dabei zu, wie andere Acts ihre großen Erfolge feierten“, sagt Kenny Little mit einem Augenzwinkern. „Mit unserem neuen Album ‚5‘ sind wir sehr glücklich und ich denke, es enthält einige unserer besten Werke bis hierher. Wir haben unsere Zeit einfach abgewartet.“ Es wäre dem sympathischen Frontmann und seinen Bandmates von ganzem Herzen zu wünschen, dass sie nun endlich gekommen ist.
Band: Hollow Horse
Album: 5
VÖ: 01.08.2025
Label: Bureau Platiruma