Interview mit Anxious
Seit ihrem Debütalbum „Little Green House“ haben sich Anxious von einem Geheimtipp in Insider-Kreisen zur neuen Hoffnung der amerikanischen Alternative-Szene gemaustert. Mit ihrem neuen Album „Bambi“ wagen sich die fünf Jungs aus Fairfield, Connecticut aus den vertrauten Hardcore-Gefilden heraus. Und überzeugen dabei auf ganzer Linie.
CRAZEWIRE: Im Jahr 2022 habt ihr Euer Debütalbum „Little Green House“ veröffentlicht, ein unglaublich gutes Album irgendwo zwischen Punk, Hardcore und alternativem Rock. Wart ihr überrascht, dass es so gut von der Presse und dem Publikum aufgenommen wurde?
ANXIOUS: Ich habe wirklich an die Qualität der Songs geglaubt. Ich habe nur das Gefühl, dass wir die Aufnahme und das Mixing nicht so gut umgesetzt haben, wie wir es mit den Ressourcen, die wir jetzt als Band haben, hätten tun können. Ich freue mich deshalb, dass die Leute es trotz seiner kleinen Mängel offensichtlich ganz gut finden.
CRAZEWIRE: Ihr seid seit der Veröffentlichung fast ununterbrochen auf Tour. Wisst ihr eigentlich grob, wie viele Shows ihr in der Zwischenzeit gespielt habt?
ANXIOUS: Ich habe wirklich keine Ahnung. Definitiv eine Menge. Acht US-Touren, eine in Großbritannien, eine durch Japan und Südostasien, eine durch Australien, dazu unzählige Einzelshows. Jemand anderes in der Band könnte vielleicht eine tatsächliche Schätzung abgeben, aber ich bin sehr schlecht in Mathe, also …

Foto: Rebecca Lader
CRAZEWIRE: Gab es einen Moment, in dem ihr realisiert habt, dass Eure Popularität ein neues Level erreicht hat?
ANXIOUS: Es fühlte sich wie ein ziemlich langsames Wachstum an. Vielleicht als wir das Outbreak-Festival in Großbritannien gespielt haben. Das war in dem Sommer, nachdem unser Debütalbum herausgekommen war. Ich hatte nicht erwartet, dass so viele Leute, geschweige denn aus dem Ausland, sich so sehr für das interessieren würden, was wir nur einige Monate zuvor veröffentlicht hatten.
CRAZEWIRE: Ihr habt euch auf eurem aktuellen Album von den klassischen Hardcore-Strukturen entfernt. War das eine bewusste Entscheidung? Und steht das nicht im Kontrast zu euren eher intensiven Live-Shows?
ANXIOUS: Ich bin nicht der Meinung, dass es für uns sinnvoll wäre, einer Formel zu folgen, als wir das zweite Album schrieben. Als wir „Little Green House“ gemacht haben, hatten wir nie das Gefühl, an irgendein Genre gebunden zu sein. Wir hatten definitiv eine Vision davon, wie es klingen sollte, aber es war etwas Abstrakteres als nur „hardcore-inspiriert“. Ich wollte wirklich, dass unser neues Album „Bambi“ Inspiration aus Musik zieht, die völlig außerhalb unserer Welt liegt. Ich wollte aufregende Musik schreiben, die nicht einem bewährten Muster, einem bestimmten Schlagzeugbeat oder einem palm-muted Gitarrenriff folgt; es schien uns insgesamt die interessantere Richtung zu sein.
CRAZERWIRE: Wie ist es für eine junge Band, so lange von zu Hause weg zu sein, oder seid ihr als Band „Familie“ genug? Die Tatsache, dass euch die Freundschaft wichtig ist, zeigt sich auch in einem Song wie „I’ll Be Around“, den Grady über seine Freundschaft mit Dante geschrieben hat.
ANXIOUS: In den vergangenen Jahren hat sich das Touren vertrauter angefühlt, als zu Hause zu sein. Bis zum vergangenen Sommer lebte ich in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin, mit meiner Familie, also fühlte sich das Zuhause wie ein leerer Raum an, den ich füllen musste, bis wir wieder unterwegs waren. Wir sind alle unglaublich eng miteinander geworden – ich betrachte jeden im Van als Familie. Wir kümmern uns bedingungslos umeinander, selbst wenn wir mal nicht so gut miteinander auskommen.

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CRAZEWIRE: In eurer Bandbiografie schreibt ihr auch, dass Grady kurz mit dem Gedanken gespielt hat, seine Schullaufbahn zu beenden, anstatt so ehrgeizig mit der Band weiterzumachen.
ANXIOUS: Ich glaube nicht, dass Grady jemals die Absicht hatte, die Band vollständig aufzugeben; ein zweites Album sollte unabhängig von dem, was passiert, gemacht werden. Wir hatten einen Punkt erreicht, an dem das, was wir taten, zu funktionieren schien, und uns coole Möglichkeiten geboten wurden. Also haben wir, besonders ich, noch mehr Druck auf das ganze Band-Ding ausgeübt. Ich war super ehrgeizig dabei. Grady wollte die Schule beenden und der Band mehr Zeit für Pausen vom Touren geben, als wir geplant hatten, angesichts all der Rollouts und Promotion-Sachen, in die wir für das nächste Album involviert sein müssten. Ich wollte letztlich, dass Grady das tut, was ihn glücklich macht; es fühlte sich unfair an, zu beurteilen, was er für sich selbst wollte, während ich in die komplett andere Richtung wollte. Es hat etwas Zeit, Kommunikation und Kompromisse gebraucht, aber wir haben das Ganze inzwischen geklärt.
CRAZEWIRE: „Bambi“ klingt für mich unglaublich reif und kohärent. Was waren eure Erwartungen an die Platte und wurden sie – jetzt nachdem ein paar Wochen seit der Veröffentlichung vergangen sind –erfüllt?
ANXIOUS: Es ist cool, aber auch seltsam, es draußen zu haben. Dinge zu veröffentlichen ist für mich immer ein bisschen enttäuschend; ich habe dieses ganze Universum um die Arbeit herum aufgebaut, und sobald andere Leute es in den Händen halten, wird meine imaginäre Welt infiltriert, und jeder hat Meinungen darüber, wie es klingt und welche Songs sie mehr mögen als andere, und natürlich macht das alles für mich keinen Sinn. Ich versuche, nicht zu viel darauf zu achten, wie die Leute reagieren, um es für mich reinzuhalten. Aber unsere Headliner-Tour läuft fantastisch. Die Leute singen bereits zu den neuen Sachen mit, und das ist ungefähr so viel, wie ich mir hätte wünschen können.
CRAZEWIRE: Danke für das Gespräch.
(Startseitenfoto: Rebecca Lader)