H-Blockx – Time To Move (ReIssue)

1993: Grunge hatte mit Nirvanas „In Utero“ und Pearl Jams „Vs.“ gerade seinen Höhepunkt erreicht, da macht sich bereits das nächste Genre bereit, die Musikwelt nachhaltig zu verändern. Bereits 1992 erschien das bahnbrechende Debütalbum von Rage Against the Machine. Ein Jahr später veröffentlichte Immortal Records den Soundtrack zum Film „Judgment Night“. Während der Film trotz Emilio Estevez und Cuba Gooding junior super mies ist, eröffnete mir die Musik zum Film eine komplett neue Welt.

Auch wenn der Begriff Crossover schon viel früher geprägt wurde, so richtig Fahrt nahm das Genre erst mit dem Mix aus Hip Hop und harten Gitarren auf. Und während sich auf dem besagten Soundtrack großartige Rockbands wie Faith No More, Slayer oder auch Mudhoney mit Hip Hop-Acts wie Ice-T, Cypress Hill oder House Of Pain zusammentaten, nahm eine unbekannte Band aus Münster mit dem befremdlichen Namen H-Blockx ihr Debütalbum auf.

„Als wir 1993 ‚Time To Move‘ aufgenommen haben, war Musik noch stärker in Schubladen eingeteilt als heute. Der Begriff „Crossover“ verleitete schnell zu dem Glauben, es sei ein neues Genre, wie z.B. „Nu Metal“. Für uns war und ist Crossover jedoch die Freiheit sich an allem, was wir an Musik lieben zu bedienen. Auf der Platte sind daher bestimmt fünf oder mehr Musikrichtungen vertreten, ge-crossed sozusagen“ erklärt Sänger Henning Wehland mit Blick auf die Anfangszeit seiner Band.

Foto: H-Blockx // Fleet Union

Was viele heute vergessen ist, dass Crossover nicht nur Vorreiter für das von Wehland genannte Nu Metal-Genre bereiteten, sondern für ein paar Jahre auch der heiße Scheiß im Bereich Gitarrenmusik war. Als eine der ersten deutschen Bands, die auf den Zug aufsprangen, waren die H-Blockx mit „Time To Move“ also früh dran, was sicherlich den Erfolg des Albums (laut Wikipedia blieb das Album 62 Wochen in den Albumcharts und erreichte Goldstatus, was damals noch wirklich etwas bedeutete) mit förderte.

Jetzt muss ich zugeben, dass ich 1994 die H-Blockx zunächst komplett wegignorierte. Denn seien wir ehrlich, man hört stellenweise schon sehr genau heraus bei welchen Einflüssen sich die Band damals bediente. Und für einen 16 Jahre alten Jungen vom Land, der viel zu cool war, zuzugeben, dass auch aus Münster tolle Musik kommen könnte, waren eben die amerikanischen Bands wesentlich spannender. Zumal Urban Dance Squad („Persona Non Grata“) und Dog Eat Dog („All Boro Kings“) zeitnah zwei Alben veröffentlichten, die uns damals wahnsinnig beeindruckten. Dazu hatten deutschsprachige Bands wie Such A Surge mit ihrem viel eindeutigeren Hip Hop-Einfluss und den klar formulierten deutschen Texten einen etwas größeren Einfluss auf uns.

Nachdem ich nach Veröffentlichung des großartigen „Time Of My Life“ (1999) meinen Frieden mit der Band gemacht hatte, durfte ich die H-Blockx dann später bei einem Videodreh in Köln zur Single „Get in The Ring“ (2002) etwas besser kennenlernen. Und auch wenn ich mich damals eher für neue Bands wie Brandtson, Jimmy Eat World oder The Get Up Kids interessierte, wuchs doch mein Respekt den H-Blockx gegenüber, weil sie doch sehr wertschätzend mit ihren Fans umgingen und zudem als Liveband eine ziemliche Wucht waren.

Cut: 20 Jahre später höre ich das erste Mal seit Anfang der 2000er-Jahren „Time To Move“ an einem Stück durch. Zum 30. Jubiläum veröffentlichen die H-Blockx nämlich ihr Debütalbum erneut auf Vinyl und gehen damit auf Tour. Und was soll ich sagen, ich höre zwar immer noch die Einflüsse von damals, bin aber überrascht wie unfassbar gut das Album in seiner Gesamtheit gealtert ist. Übrigens ein großer Unterschied zu den anderen deutschen Crossover-Bands dieser Zeit.

Die Produktion ist für damalige Verhältnisse wahnsinnig fett, die Songs bis auf wenige Ausnahmen gut durch arrangiert und die Rhythmus-Fraktion über alles erhaben (sieht man mal vom geloopten „Move“ ab). „Revolution“ klingt erschreckend frisch, bei „Real Love“ erinnert man sich an Festival-Pits, die für blaue Flecken am ganzen Körper sorgten, und selbst das bei den Chili Peppers entliehene „Go Freaky“ sorgt für gute Laune.

Und so ist „Time To Move“ alles in allem mehr als nur eine schöne Zeitreise in eine unbeschwerte und naive Jugend, die zumindest in meinem Falle eine intensive Crossover-Phase beinhaltet, die mit „Exposure“ von Thumb bereits 1997 einen gleichermaßen intensiven Höhe-, wie auch Schlusspunkt fand.

Band: H-Blockx
Album: Time To Move (Vinyl ReIssue)
VÖ: 27.09.2024