Garbage – Garbage (20th Anniversary Deluxe Edition)
Woran erkennt man, dass man alt wird? Richtig… daran, dass stilprägende Alben aus der Jugend plötzlich in „20th Anniversary Deluxe Editionen“ veröffentlicht werden. Die wirken dann zwar immer ein bisschen nach der schnellen Mark, machen aber hin und wieder doch auch Sinn.
Bei Garbage bin ich etwas unschlüssig, was die Relevanz der Band und die Notwendigkeit einer Neuauflage des selbstbetitelten Debütalbums angeht. 1995, als dieses Album in Deutschland veröffentlicht wurde, war ich hin und weg. Zum einen von dieser nicht gerade unattraktiven Frontfrau Shirley Manson (die zu allem Überfluss auch noch konsequent Schweinereien in Interviews von sich gab), zum anderen von Butch Vig. Der war ja nun mal der Produzent von Nirvana, und Nirvana war 1995 noch omnipräsent – vor allem für 17-jährige Grungerocker auf der Suche nach einem eigenen Stil.
Und dann kommt plötzlich diese Band aus dem Nichts, haut Singles wie „Queer“, „Stupid Girl“ und „Only Happy When It Rains“ raus und grätscht in die Lücke zwischen Grunge, Crossover und Mainstream-Rock. Ich weiß gar nicht, ob man sich das heute vorstellen kann, aber damals war das wirklich etwas Besonderes. Zumal nicht nur die Hits, sondern auch Songs wie „Not My Idea“ oder „Milk“ über alles erhaben waren, was sonst so in der „alternativen“ Disco stattfand.
Der Erfolg gab der Band Recht. 81 Wochen in den amerikanischen Charts, 100 in den britischen. Das muss man ja auch erst mal hinbekommen. Leider schaffte es die Band nicht, die Spannung über einen längeren Zeitraum aufrecht zu halten. Das folgende „Version 2.0“ (1997) war zwar noch okay, aber eben doch nur okay. Später verlor man die Band dann ganz aus den Augen. Ich für meinen Teil habe das 2012er-Album „Not Your Kind Of People“ gar nicht mitbekommen.
Und mit dieser für einen Musikjournalisten beschämenden Aussage kommen wir wieder zur Eingangsfrage. Braucht es diese Neuauflage? Ja, die braucht es. Das reguläre Album ist ein Hit und bleibt ein Hit. Und jeder, der sich für die 1990er-Jahre interessiert sollte es besitzen. Das ein Brecher wie „Girl Don´t Come“ nur Sinn macht, wenn man sich die damalige Musiklandschaft vor Augen führt, geschenkt. Diese B-Seite von „Only Happy When It Rains“ zeigt, wie großartig Garbage damals waren. Bei anderen Bands (man erinnere sich bitte an Rohrkrepierer wie Republica), wäre das wahrscheinlich die erste Single geworden.
Video: Garbage – „Only Happy When It Rains“