Burn The Place You Hide – A Film About St. Thomas
Thomas Hansen war ein norwegischer Singer/Songwriter, der sich vor allem in seiner Heimat großer Beliebtheit erfreute. Er veröffentlichte Alben auf City Slang Records, ging mit Lambchop auf Europa-Tour und galt als unberechenbarer Live-Act. St. Thomas, wie er sich nannte, verstarb im September 2007. Die liebevoll produzierte Dokumentation „Burn The Place You Hide“ widmet sich nun dem Leben und der Musik dieses viel zu früh verstorbenen Ausnahmemusikers.
Kurz nachdem ich mit Fabian (ehemaliger Herausgeber, Anm. d. Red.) Crazewire gründete bekam ich 2005 das Album „Children Of The New Brigade“ von dem norwegischen Musiker St. Thomas zugeschickt. Es war eines der ersten wirklich besonderen Alben, die ich über Crazewire kennen lernen durfte. Was für ein Album, was für ein Künstler!
Ein kurzes Interview via MySpace hatten wir schnell gemacht (über das ich mich heute ein bisschen ärgere, weil es eigentlich sehr belanglose Fragen abhandelte) und das Konzert in Dortmund einige Wochen später war ziemlich toll. Auch wenn Thomas etwas verschroben wirkte, meine (heutige) Frau und ich fanden es super und kauften nach dem Auftritt zwei ältere Alben auf CD und eine 7inch.
Das alles war der Beginn einer großen Liebe und für mich der Moment, in dem ich die Akustikgitarre für mich wieder entdeckte. „Cornerman“, „The Cool Song“, den ich später mit Schreng Schreng & La La covern sollte, oder auch „Come My Way“, alles kleine Hits, wie gemacht für’s Lagerfeuer. Auf MySpace zeigte sich später die Zerrissenheit, die auch in „Burn The Place You Hide“ thematisiert wird. Thomas stellte neue Songs offen ins Internet und war bitter enttäuscht, dass kaum jemand sie hören wollte. Überhaupt scheint der Zwiespalt, eigentlich gerne Popstar sein zu wollen aber gleichzeitig medial Popstar sein zu müssen dem Musiker schwer zugesetzt zu haben. In der Dokumentation gibt es eine Szene, in der ein deutscher Journalist partout nicht aufhört, Thomas über die (Chart-)Erfolge vergangener Tage zu befragen. Der genervt-angewiderte Blick des Musikers sagt dabei alles.
Die Ehrlichkeit, mit der Freunde und Eltern über Thomas, seine mentalen Probleme, seinen Alkoholkonsum oder die Angst im Dunkeln zu schlafen sprechen, schnürt dem Zuschauer an einigen Stellen den Hals zu. Diese Offenheit, die bis an die Schmerzgrenze geht (zum Beispiel, wenn seine ex-Freundin alte Briefe vorliest) macht „Burn The Place You Hide“ zu einer wirklich sehenswerten Dokumentation, da es die beiden Macher glücklicherweise schaffen, all diese Momente nicht ins voyeuristische abdriften zu lassen. Man trauert mit den alten Weggefährten, die immer wieder zu Wort kommen, und diesen liebenswerten Knallkopf nach fast zehn Jahren immer noch sehr zu vermissen scheinen.
Am Ende steht die Erkenntnis, dass nicht jeder Mensch glücklich sein kann, auch wenn er vielleicht den Grund dazu hätte. Auf diese Menschen gilt es aufzupassen.
Wie sang St. Thomas in „Into The Forest“ – „Yes, I am Special… But it hurts“. So ist das wohl manchmal.
Video: Burn The Place You Hide – Trailer
Burn the Place You Hide – A film about St Thomas. Trailer 2016 from Burn the Place you Hide on Vimeo.