Cracker – Berkeley To Bakersfield
Cracker gehören zu den Bands, die man Anfang/Mitte der 1990er-Jahre unter dem Label „Alternative“ vermarktete und deren Videos auf Rotation bei „120 Minutes“ auf MTV liefen. Musikfernsehen gibt es nicht mehr und „Alternative“ ist nur noch eine leere Worthülse. Cracker scheinen hingegen weder gealtert noch irrelevant.
Um ehrlich zu sein fand ich Cracker früher ziemlich cool. Das selbstbetitelte Debütalbum (1992) sowie „Kerosene Hat“ (1994) mit der ziemlich guten Single „Low“ passten zu meinem Musikgeschmack. Bands wie Buffalo Tom, Teenage Fanclub, Sloan oder auch Guided By Voices veröffentlichten damals zeitlose (aber leider völlig unterbewertete) Klassiker. Cracker sind damals jedoch ziemlich schnell wieder in Vergessenheit geraten – obwohl sie bis heute regelmäßig neue Platten veröffentlichten.
Das nun vorliegende zehnte Studioalbum „Berkeley To Bakersfield“ ist eine Art Konzeptalbum, auf dem die Band zwei unterschiedliche Musiklandschaften Kaliforniens vertont: Die nördliche Bay Area sowie das südliche Bakersfield. Beide Regionen trennt lediglich eine circa fünfstündige Autofahrt. Trotzdem liegen zwischen Berkeley und Bakersfield Welten. Auf der einen Seite Bakersfield – Country-Musik in Reinkultur. Neun Songs, die handwerklich ziemlich abwechslungsreich und authentisch um die Ecke biegen, mir persönlich aber so gar nichts geben.
Auf der anderen Seite Berkeley. Moderne Rockmusik mit einem leicht nostalgischen Unterton. Das gezupfte „Torches And Pitchforks“ würde auch zu einer der hippen Bands passen, die Labels wie Sub Pop Anfang der 2000er-Jahre veröffentlicht haben. „Wir haben uns stilistisch auf Musik fokussiert, welche wir hauptsächlich mit der Bay Area in Verbindung bringen: Punk und Garage mit funkigen Untertönen. Um uns weiter dem Bay Area-Stil anzupassen, haben wir auch einen politischen Ton in den Texten angeschlagen“ erzählt die Band über die Entstehungsgeschichte. Natürlich ist vom Punk nicht viel übrig geblieben, aber die Garage schimmert doch immer mal wieder durch („El Cerrito“).
Am Ende haben Cracker mit diesem Doppelalbum das Rad nicht neu erfunden. Jede Seite für sich wäre nicht viel mehr als gehobenes Mittelmaß. Was dieses Werk ausmacht ist der spür- und hörbare Unterschied zweier „Musikszenen“. Dazu kommen ein paar formidable Ohrwürmer („Reaction“, „Waited My Whole Life“) die zeigen, wie gut das Songwriting von David Lowery und Johnny Hickman tatsächlich ist. Alles in allem also eine runde Sache.
Video: Cracker – „King Of Bakersfield“