Vandoliers – Life Behind Bars
Mit „Life Behind Bars“ veröffentlichen die texanischen Vandoliers bereits ihr fünftes Album. Und auch wenn das Sextett darauf der ihm so eigenen Mischung aus Country und Punk durchaus treu bleibt, ist diesmal doch alles anders.
2015 von Frontmann Joshua Fleming gegründet machten die Vandoliers bereits auf ihrem Debüt „Ameri-Kinda“ (2016) mit einer besonderen musikalischen Ausrichtung auf sich aufmerksam, die sie über zwei weitere Alben schliffen und feilten, bis der erdige, variantenreiche und doch so griffige Cowpunk spätestens auf „Vandoliers“ (2022) endgültig zum Signature-Sound dieses außergewöhnlichen Ensembles wurde.
Das erstmals von Grammy-Gewinner Ted Hutt (Gaslight Anthem, Flogging Molly) im renommierten Sonic Ranch-Studio in West‑Texas produzierte „Life Behind Bars“ stellt jetzt eine weitere Entwicklungsstufe in der Diskografie und Historie der Band dar – und vielleicht sogar einen Wendepunkt. Im Zuge der Veröffentlichung des Albums hatte Joshua Fleming nämlich als Transgender-Frau Jenni Rose ihr Coming-Out; zunächst im Kreise der Familie, dann innerhalb der Band und schließlich via Interview mit dem Rolling Stone in der Öffentlichkeit.
Und die neue Frontfrau steht nun in gleich mehrerer Hinsicht im Zentrum des Geschehens. Als Sängerin natürlich, aber auch als Erzählerin und Protagonistin der zehn packenden Songs, in denen sie Erfahrungen mit uns teilt, die alle – ganz gleich ob sie von Sucht handeln, von Geschlechtsdysphorie oder von kleingeistiger Bigotterie – direkt greifbar mit dem wunderschön gestalteten Cover korrespondieren. Überall geht es auf „Life Behind Bars“ um Zwänge und Gefangenschaft – und daraus resultierend natürlich auch um Selbstfindung und Befreiung.
Unterstützt wird Jenni Rose, die neben dem Gesang auch die Akustikgitarre übernimmt, von Cory Graves (Backing-Vocals, Keys, Trompete, Bass, Mundharmonika), Dustin Fleming (E‑Gitarre, Pedal Steel), Trey Alfaro (Schlagzeug, Perkussion, Löffel), Travis Curry (Fiddle) und Mark Moncrieff (Bass, E‑Gitarre, Banjo). Diese illustre Liste lässt erahnen, wie vielschichtig es auf dem Album auch phonetisch zugeht. Von klassischem Country, über folkige Singalongs oder Latin-Vibes bis hin zu regelrechten Honky-Tonk-Anleihen wird hier alles miteinander verwoben, was im weitesten Sinne unter dem Label Americana firmieren kann — um anschließend matt gebürstet und durch den Dreck gezogen zu werden. Und genau so entsteht der typische Vadoliers-Sound. Es ist nicht alles neu auf „Life Behind Bars“, aber neu kombiniert.
„Wir brechen seit zehn Jahren die Regeln des Country“, sagt Rose selbst. „‚Ihr spielt zu schnell.‘, ‚Ihr seid zu laut.‘ ‚Ihr singt zu hoch.‘ ‚Ihr seid doch eine Punkband!‘ Alles, was für uns zählt, ist, dass die Leute unsere Songs hören und dass sie ihnen in irgendeiner Weise helfen – das ist alles, was wir uns wünschen können.“ Und sie ergänzt: „Ich habe so sehr mit diesem Album gekämpft. Ich hoffe, dass eine andere Transfrau es hört und etwas für sich darin findet.“ Jenni Rose fand 2023 zu sich selbst, als die Vandoliers eine Show in Maryville, Tennessee spielten – exakt an dem Tag, an dem der Gouverneur dieses Bundesstaates ein Gesetz zum Verbot von Drag-Shows unterzeichnete. Auch wenn das noch nicht in aller Köpfe ist: Ein Coming-Out, beispielsweise als Transgender-Frau, ist heutzutage auch und besonders in The Land of The Free ein rebellischer und mitunter gefährlicher Akt der Selbstbefreiung.
Mit „Life Behind Bars“ liefern die Vandoliers ein abwechslungsreiches Album, das weniger laut ist als seine Vorgänger, dafür aber umso eindringlicher. Jenni Roses macht das Album mit ihren Geschichten zu einem intimen Bekenntnis. Und zu einem Appell an Empowerment und Identität.
Act: Vandoliers
Album: „Life Behind Bars“
Label: Break Maiden Records / Thirty Tigers
VÖ: 27.06.2025