Taking Back Sunday – Tidal Wave
Also ich muss schon sagen, dieses Album hätte ich dieser Band definitiv nicht mehr zugetraut. Eine sensationell gute erste Hälfte lässt „Tidal Wave“ zum besten Taking Back Sunday-Album seit „Where You Want To Be“ (2004) werden.
2002 veröffentlichte die Band aus New York ein Album, dass in Emo/Hardcore-Kreisen bis heute zu einem der besten des Genres zählt. „Tell All Your Friends“ war ähnlich grandios wie „Full Collapse“ (2001) von Thursday oder „The Artist in the Ambulance“ (2003) von Thrice. Damals machte der Begriff Emo-Core durchaus noch Sinn, verbanden die Bands doch die Energie des Hardcores mit Emotionen, die beim klassischen „Geballer“ doch eher auf der Strecke blieben.
Taking Back Sunday perfektionierten diese Mischung auf ihrem Debüt mit Songs wie „Cute Without the ‚E‘ (Cut from the Team)“ oder „Timberwolves at New Jersey“. Ihr merkt, für mich ein wirklich großes Album. Und das Konzert (ich glaube 2004) im Bürgerhaus Stollwerck in Köln wird wohl ewig zu meinen Top 5-Konzerten gehören. Leider war es mit der Herrlichkeit relativ schnell vorbei. Mit John Nolan und Shaun Cooper verließen nach dem Album zwei der offensichtlich tragenden Stützen die Band und gründeten Strayligth Run (deren selbstbetiteltes Debütalbum im Übrigen unbedingt gehört werden sollte).
Der Rest der Band verlor etwas den Faden. Das Songwriting wurde schwächer und vor allem belangloser. Das ging soweit, dass vor allem die Alben „New Again“ und „Taking Back Sunday“ keinen richtigen Spaß mehr machten, auch wenn bei letztgenannter Platte Nolan und Cooper wieder einstiegen.
Nun also „Tidal Wave“, Album Nummer sieben. Und die Band macht dabei so einiges richtig. Bereits der Opener „Death Wolf“ zeigt, dass es im Jahr 2016 wieder nach vorne gehen darf. Dazu ein hymnischer Refrain, den man der Band so kaum mehr zugetraut hätte. Ebenso grandios die folgenden beiden Songs „Tidal Wave“ und „You Can´t Look Back“, die Taking Back Sunday in Bestform zeigen. Nach zwei guten, aber nicht weltbewegenden Songs kommt mit „I Felt It Too“ der erste schwache Song. Ruhiges Gitarren-Picking, Keyboard-Teppich und ruhiger Gesang. Brand New können das, Taking Back Sunday nur so mittelgut. Mit „Call Come Running“ geht es danach direkt wieder in die richtige Richtung, bevor mit „In The Middle Of It All“ die nächste Hymne aus dem Ärmel geschüttelt wird.
Am Ende bin ich ziemlich begeistert, da der Gesamteindruck des Albums zwar in Richtung Pop geht (die Band hatte ja eigentlich schon immer ein Faible dafür), der Hörer aber immer häufiger daran erinnert wird, wo die New Yorker musikalisch herkommen. Jetzt müssen sie nur noch den Auto-Tune-Effekt vom Gesang weglassen.
Video: Taking Back Sunday – „Tidal Wave“
Taking Back Sunday – Tidal Wave (Official Music Video) from Hopeless Records on Vimeo.