Suzzallo – The Quiet Year

Geprägt von Singer-Songwriter Rocky Votolatos Stimme und dem vergleichsfreien Schicksalsschlag, dem sich der Musiker mit dem Unfalltod seines Sohnes Kienan ausgesetzt sehen musste, verbindet „The Quiet Year“, das Debüt seiner neuen Band Suzzallo, den tiefen Schmerz eines Vaters mit dem explosiven Gitarrensound der alternativen 1990er-Jahre.

„Eine solche Tragödie verändert alles an dir als Person und als Künstler“, sagt Rocky Votolato selbst und ergänzt: „Ich brauchte einen neuen Kanal, um auszudrücken, was ich durchmache. Und das Einzige, was für mich Sinn ergab, waren die lautesten und verzerrtesten Gitarren, die ich finden konnte.“ 

Folgerichtig hält das erste Release des Trios aus Seattle, das sich neben Votolato aus Bassist Steve Bonnell (Schoolyard Heroes) und Schlagzeuger Rudy Gajadhar (Waxwing) zusammensetzt, elf Songs bereit, die mit einer derart glühenden Intensität nach vorne preschen, dass man geneigt ist, das Album alleine schon für seinen wummernden, mitreißenden Sound zu feiern. Dafür verantwortlich zeigt sich vor allem der legendäre Produzent John Goodmanson (Unwound, The Blood Brothers, Sleater-Kinney), der für die Aufnahmen in den Robert Lang Studios in Seattle engagiert wurde. Eine Brücke zu den alten Emo-Tagen wiederum schlägt Votolatos langjähriger Freund Ben Gibbard (Death Cab For Cutie, The Postal Service), der seinen charakteristischen Gesang zu wunderschön platzierten Harmonien beisteuert und in mehreren Songs E-Gitarre, E-Bass und Klavier spielt. Treibende Fuzz-Gitarren, Distortion, catchy Melodien, abwechslungsreiches Songwriting – hier ist alles drin. „The Quite Year“ ist eine nostalgische, regelrecht sehnsüchtige Reise zurück in den ruppig-süßen Alternative Rock vergangener Jahrzehnte. 

Suzzalo sind Sänger und Gitarrist Rocky Votolato (r.), Bassist Steve Bonnell (l.) und Schlagzeuger Rudy Gajadhar (M.)

Und doch wird dieses Indie-Requiem selbstredend erst unter dem Einfluss der Lyrics zum Ganzen, die die Songs zu ungeschönten und authentischen Porträts eines unbeschreiblichen Verlustes machen. Sie sind gezeichnet von verletzlicher Ehrlichkeit und gespickt mit Details, die Kienan Votolato Tribut zollen. Bilder von Drachen, Wolken und Flüssen, eine Lichterkette mit deren Hilfe Rocky und seine Frau seit geraumer Zeit mit dem Sohn zu kommunizieren glauben, verzweifelte Therapie-Schreie am Ende etlicher Songs und vermeintlich simple Zeilen wie „Give me a time machine…“ (in „Time Machine“), „Oh, it was a beautiful world once…“ (in „The Destroyer“) oder „No one told us love was this dangerous…“ (in „Star String Radio“), die doch hörbar das ganze Leid ihres Autors in sich tragen – das alles ist so pur und rein, dass selbst das, was in dummen Liebesliedern noch einen cheesy Beigeschmack gehabt hätte, hier einfach nur durch Mark und Bein geht.

Für Rocky Votolato hatte Suzzallos Musik schon vor der Veröffentlichung von „The Quiet Year“ etwas Kathartisches: „Ich bin so dankbar, dass die Kunst mir dabei hilft, meine Trauer zu verarbeiten und zu heilen, und ich hoffe, dass diese Songs nun auch anderen ein wenig Trost bringen können“. Und in der Tat gelingt es der Band bei aller Schwermut, auch eine Art Entschlossenheit und erhebende Kraft zu vermitteln. Ob Rocky Votolatos Tage als Singer-Songwriter damit gezählt sind, bleibt offen, was aber auch bleibt, ist ein Album, das aus tiefer Trauer entstanden ist und dennoch große Freude bereitet.