Stoppok – Bonn, Harmonie (07.03.2024)

Nicht nur ausverkauft, „sondern pickepackevoll“, so hatte Harmonie-Chef Wolfgang „Kolli“ Koll im Vorfeld frei nach Arnd Zeigler die Rahmenbedingungen für den 7. März in der Bonner Harmonie skizziert. Und er sollte Recht behalten. Bonn war vollzählig und hatte Bock auf Stoppok. Und Stoppok, das sollte der Abend zeigen, hatten Bock auf Bonn.

Die vier Mitglieder der Band entern um Punkt 20:00 Uhr die Bühne, die sie exakt zwei Stunden später verschwitzt und zufrieden zum dritten und letzten Mal wieder verlassen werden. Dazwischen liegt ein äußerst unterhaltsames Set mit Stoppok-Hits aus allen Epochen, fünf starken Nummern des neuen Albums „Teufelsküche“, einer omnipräsenten Finesse an den Instrumenten und Bock auf Livemusik auf beiden Seiten des Bühnenrandes.

Vom Opener „… Hölle losgeht“ an drängt ein unglaublich dichter, blues-rockiger Sound bis in die letzten Ritzen der Harmonie. Von den verspielten, manchmal klamaukigen Arrangements auf den Alben also keine Spur. Im Zusammenspiel mit dem Stoppok-Neuling Leo Lazar an den Drums treibt Bassist Reggie Worthy die Band auf seinen sechs(!) Saiten vor sich her und Kollege Sebel spielt derweil je nach Song die Rhythmusgitarre, manchmal die Mundharmonika, vor allem aber die Hammondorgel, mit der er den Sound des Abends entscheidend prägen wird.

Im Zentrum von alldem aber steht natürlich Stefan Stoppok. Der Multiinstrumentalist ist auch heute Abend Sänger, begnadeter Lead-Gitarrist und geborener Entertainer in einer Person. Der Essener mit Hamburger Wurzeln ist exakt der warmherzige, coole Typ, den ich in den wenigen mir bekannten Stoppok-Nummern erahnt hatte. Er unterhält sein Publikum, auch und vor allem zwischen den einzelnen Nummern, mit Geschichten, Späßen und Koketterien und wirkt dabei nicht nur aufgrund seines auffallenden Stylings ein wenig aus der Zeit gefallen. Ein grundsympathisches Original.

Zum Blues-Rock der Band tanzen in seiner Stimme Ruhrpottromatik und politischer Realismus Hand in Hand. Hier gibt es keine akademisch-weisen Formulierungen á la Mey, und keine „befindlichkeitsfixierten“ Kryptogramme á la Wiebusch. Musik und Sprache sind hier geradeaus und kommen direkt aus dem Bauch. Oder dem Herzen. Meistens beidem. Die Bilder die Stoppok dabei zeichnet sind manchmal offensichtlich, seine Reime mitunter bemüht. Den Aussagen steht das aber – auch gegenüber der anspruchsvollen Live-Musik seiner Band – nicht im Wege. Egal ob es heute in Stücken wie „Wer Du wirklich bist“, „Nicht das, was ich brauch“ (beide Teufelsküche, 2024) oder dem Klassiker „Aus dem Beton“ (A’schklar, 1991) um emotionale Zwischenmenschlichkeiten geht, oder bei „Verjubeln“, „Pack mit an“ (beide Jubel, 2020) oder „In Teufelsküche brennt noch Licht“ (Teufelsküche, 2024) um allzu aktuelle Themen: Spürbar nehmen Form und Inhalt der Show das Publikum jederzeit gleichermaßen mit. Dass Stoppok im Laufe des Abends Friedrich Merz als „größten Spalter des Landes“ disst und gegen die AFD skandiert ist ableitbar, sollte aber nicht aufgrund von vorausgesetzter Selbstverständlichkeit unter den Tisch fallen. Say it loud and clear: Wir sind mehr! Auch die beiden Jungs der Sea-Eye Seenotrettung, die direkt beim Merch neben ihrer Sammelbüchse stehen, bekommen fünf Minuten Rampenlicht, als Stoppok auf die Wichtigkeit ihrer Arbeit hinweist und zu Spenden aufruft. Guter Mann!

Das 21 Nummern starke Set wird mit den Publikumslieblingen „Dumpfbacke“ (Happy End im La-La-Land, 1993), „Ärger (Stoppok,1991) und „Mal Dein Herz an“ (Jubel, 2020) sowie zwei kurzen Zugaben abgerundet. Dreimal gibt es tosenden Beifall, bis der Zauber schließlich doch ein Ende hat, das Licht angeht und die Musik vom Band erklingt. Eine beeindruckende Show und ein rundum gelungener Abend. Danke Stoppok. Danke Harmonie