Nachbericht: Jamel rockt den Förster-Festival (26.08.2017)
„Das vielleicht wichtigste Festival Deutschlands“, so bezeichnete Bela B. von Die Ärzte im vergangenen Jahr das Jamel rockt den Förster-Festival im „Nazidorf“ Jamel. Hier in dem 40 Einwohner kleinen Dorf hält das Paar Birgit und Holger Lohmeyer seit mehr als zehn Jahren gegen den Druck der national-stolzen Nachbarschaft stand.
Und um ein Zeichen der Zivilcourage zu setzen, organisieren die beiden mit Hilfe des Landes Mecklenburg-Vorpommern seit einigen Jahren das Jamel rockt den Förster-Festival (Zu den Hintergründen HIER KLICKEN). Der Clou, die Besucher dieses überaus wichtigen Konzerts erfahren erst vor Ort, welche Bands auftreten werden. In den vergangenen Jahren waren das unter anderem Fettes Brot, Die Ärzte, Madsen oder Turbostaat. 2017 gaben sich bereits am Freitag mit Slime, Die Sterne und Kraftklub einige der großen Indie-Bands die Ehre.
Ich reise mit Love A-Sänger Jörkk Mechenbier erst am Samstag an, da wir mit unserer Band Schreng Schreng & La La der Einladung von KKT Booking folgten und den Opener am zweiten Festivaltag geben durften. Aber um uns soll es hier nicht gehen (auch wenn wir uns als Band wohl und ernstgenommen gefühlt haben – Danke dafür), denn die nachfolgenden Bands hatten es wirklich in sich. Nach uns durften Schnipo Schranke auf die Bühne. Deren Hit „Pisse“ wird ganz gut abgefeiert, ich verbringe das Konzert aber im Backstage-Zelt bei ein paar Bier und etwas warmen zu Essen. Das Auge Gottes will ich aber auf jeden Fall sehen, da ich die Schweriner Band schon in den 1990er-Jahren toll fand. Mittlerweile schon jenseits der 50er-Grenze haben Das Auge Gottes auf Bitten der Lohmeyers noch mal die Gitarren entstaubten und ein sehr cooles Set runterspielten. Leider ohne die Hits, die mich die Band damals so sehr schätzen ließen, dafür aber mit einer Spielfreude, wie man sie selten bei in die Jahre gekommenen „Hobbymusikern“ sieht. Ganz ehrlich, ich fands toll. Wer weiß, vielleicht hören wir ja noch mal etwas von der Band.
Danach Schrottgrenze. Meine Fresse, warum ich deren Album nicht besprochen habe, obwohl es Anfang des Jahres ein wichtiges Zeichen gegen Homophobie setze, kann ich mir gar nicht erklären. Aber hey, Sänger Alex und seine Jungs überzeugen auf ganzer Linie und ich habe fast schon Pipi in den Augen, zu sehen, wie ein geschminkter Mann auf der Bühne in einem Dorf steht, das im Alltag für alles andere als Toleranz steht. „Lieb doch einfach wen Du willst“… Genau. Wichtige Band, toller Auftritt. Album wird nachgekauft. Versprochen.
Auch Fehlfarben am späteren Abend höre ich mehr, als dass ich sie sehe. Bin aber positiv überrascht, wie gut die Band heute noch klingt. Und dann der Headliner – die Beatsteaks. Ich könnte jetzt davon schwärmen, wie gut diese Band ist, habe das aber in dieser Woche schon mal an DIESER Stelle getan. Hier und heute spielen die Berliner die Songs, die mir im Zakk gefehlt haben. Und während Brille, Handy und Portemonnaie bei Kollegen Mechenbier bleiben, taucht der Verfasser dieser Zeilen im Mosh-Pit unter und freut sich, dass es Bands gibt, die für die Sache eintreten, abliefern und auch im persönlichen Gespräch eine gute Figur machen.
Also in diesem Sinne ein freudiges „Nazis raus!“ und vielen Dank an alle Beteiligten. Das war ein großes Fest.
Video: Schrottgrenze – „Sterne“