Jovanotti – Live in Düsseldorf (14.01.2016)
Stell Dir vor der italienische Mega-Star Jovanotti spielt ein einziges Deutschlandkonzert und keiner geht hin. So sieht es zumindest aus, als ich um kurz vor 20 Uhr die Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf betrete.
Die Oberränge sind gesperrt, die sonstigen Sitzplätze eher spärlich besucht und im hinteren Hallendrittel könnte man Volleyball spielen. Irgendwie trostlos und irgendwie auch schade für Lorenzo Cherubini alias Jovanotti, der nach etlichen Jahren endlich noch einmal in Deutschland Halt macht. Nun gut, heute darf er sich eine halbleere Halle angucken – passiert ihm sicherlich auch nicht all zu häufig.
Als um Punkt 20 Uhr ein gutes Dutzend Musiker auf die Bühne stürmt, habe ich allerdings nicht den Eindruck, als ob es hier irgendjemanden stört, dass die Halle leer ist. Viel mehr freut sich das sympathisch-gemischte Publikum über Platz zum Tanzen und die Nähe zur Bühne. Und auch Jovanotti und seine extrem gute Liveband (das muss man einfach mal herausstellen) sind Profis genug, sich nichts anmerken zu lassen. Während ich im Vorfeld noch darüber nachgedacht habe, warum ausgerechnet diese Halle für den heutigen Abend gewählt wurde, wird mir zu Beginn des Konzerts ziemlich schnell klar, weshalb. Der Bühnenaufbau mit LED-Leinwänden, Laufsteg und eigenem Kamera-Team hätte in kleinere Konzertsäle gar nicht reingepasst.
Und so entwickelt sich der Abend mit zunehmender Spieldauer (am Ende werden es zweieinhalb Stunden sein, die Jovanotti mit seiner Band auf der Bühne steht) zu einem echten Highlight. Der 1990er-Jahre-Hit „Serenata Rap“ kommt recht früh, bei „L´ombelico del Mondo“ stürmen gefühlt alle Frauen von den Sitzplätzen in die Halle und bei der neueren Nummer „L’estate addosso“ singen so ziemlich alle mit. Überhaupt ist hier und heute das perfekte Publikum zugegen. Überall strahlende Gesichter, es wird getanzt, gesungen, geklatscht und gelacht. Einfach mal zwei Stunden lang die Welt da draußen vergessen. Hier geht es um das Positive, um Sommer und Strand, und um das Leben. Man mag eigentlich gar nichts Negatives schreiben, so schön ist es hier.
Und doch wundere ich mich, wie man mit einem Selfie-Stick auf ein Konzert gehen kann. Ich wundere mich auch darüber, warum eigentlich niemand mehr auf die Bühne guckt (wo es im Übrigen extrem viel zu sehen gibt) sondern ins Handy-Display. Und ich wundere mich, warum diese Halle nicht ausverkauft ist, wo sich die Menschen doch auch ausgemachten Quatsch wie Revolverheld anschauen. Es wird daran liegen, dass der gute Lorenzo fast ausschließlich in Italienisch mit dem Publikum kommuniziert. Zwar versucht er immer wieder ein bisschen deutsch zu sprechen, aber die wichtigen Ansagen (z.B. zum Thema Kölner Hauptbahnhof an Silvester) dürfte nur die halbe Halle verstanden haben. Der Beriselungsfaktor ist dadurch natürlich in Gefahr.
Mir ist es egal, ich freu mich über einen kurzweiligen, fast perfekten Abend, der mit „Il più grande spettacolo dopo il big bang“ gegen Ende sogar noch einen ordentlichen Rocksong zu bieten hat.
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Video: Jovanotti – „L’estate Addosso“