Evan Dando – Live in Köln (18.03.2015)
Es gibt wohl kaum eine Band, die ich in den vergangenen 25 Jahren öfters gehört habe, als die Lemonheads. Mir würden keine Songs einfallen, zu denen ich eine so starke emotionale Bindung habe, wie zu den Stücken von „It´s A Shame About Ray“ und „Come On Feel The Lemonheads“… nur live anschauen muss man sich das Ganze irgendwie nicht.
Kurz nach 21 Uhr beginnt Sara Johnston mit Ihrem Set. Mit einer wundervollen Stimme gesegnet spielt sie erst einmal ein paar Songs die klingen, als ob man 1993 in einer Bar in Seattle sitzen würde. Das ist okay, haut den Zuhörer aber nicht vom Hocker. Wie auch, 85 Prozent des Publikums sind mit sich selbst beschäftigt und quatscht sich kaputt. Dabei gibt es doch einen so schönen Flipper-Raum im Blue Shell. Und rauchen darf man draußen auch. Auf der kleinen Bühne erzählt die Kanadierin Johnston gerade, dass Ihre Eltern extra aus Montreal gekommen sind, um sich das Konzert anzuschauen. Spätestens jetzt wünsche ich der Musikerin, dass sie ein anderes, netteres Publikum hätte. Nur als sie erwähnt, dass sie bei Bran Van 3000 spielte merkt man, dass das Publikum kurz inne hält. Da war doch was? Genau „Drinking in L.A.“ war 1997 ein Hit, den man auch hierzulande kannte. Der gespielte Coversong war mir dann zwar unbekannt, sollte aber der beste Song des ganzen Abends bleiben.
Dando kommt nach knappen fünf Minuten „Umbaupause“ auf die Bühne. Das Publikum steht nun dicht gedrängt im Blue Shell und ist in freudiger Erwartung. Dando selbst wirkt halbwegs aufgeräumt. Da habe ich ihn seit meinem ersten Lemonheads-Konzert 1994 schon in wesentlich schlechterer Verfassung erlebt. Trotzdem wirkt er seltsam getrieben. Die ersten zehn Songs sind in knappen fünfzehn Minuten abgehandelt. Was mich dabei beeindruckt ist, wie es Dando geschafft hat, in all den Jahren voller Exzesse seine Stimme so gut zu konservieren. Mit ihr alleine kann er immer noch Herzen brechen. Was ich allerdings ganz schrecklich finde ist sein Geschrammel auf der Akustik-Gitarre. Die klingt nicht nur kacke, sondern wird auch etwas lieblos runtergespielt. Wären da nicht diese sensationellen Songs, die er in den 1990er-Jahren geschrieben hat, keiner der Anwesenden hätte auch nur ansatzweise 25 Euro für ihn bezahlt. So spielt er mit Songs wie „Favorite T“, „Confetti“, „Being Around“ (das zur Abwechslung auch richtig gut) oder „Down About It“ ein Greatest Hits-Set, dass keine Wünsche offen lassen würde… wenn er es denn ordentlich umsetzen würde.
Meine Begleitung sagte schon zur Hälfte des Sets, dass Dando ziemlich unvorbereitet sei, was ich verneinte, schließlich ist der Gute seit fast einem Jahr nur mit kurzen Unterbrechungen auf Tour. Während ich heute nochmal über das Konzert nachdenke, fällt mir auf, dass sie nicht unbedingt Unrecht hatte. Dando ist nämlich schlecht vorbereitet. Er hat es versäumt, die Arrangements seiner Songs für die Akustik-Gitarre umzuarbeiten. Und so kommt raus, was wir gestern bewundern durften. Ein Medley aus Coverversionen, Lemonheads-Songs und Solo-Stücken, die abrupt mitten im Lied aufhören, weil es wahrscheinlich kein Ende gibt und die in einem Tempo runter gerotzt werden, dass (bis auf wenige Ausnahmen) jede Emotion auf der Strecke bleibt. Dass das immer noch besser ist, als bei vielen anderen Songwritern liegt daran, dass alle Anwesenden eine nostalgische Verbindung zu den einzelnen Stücken haben. Ich kann ja auch zu der Hälfte der Songs eine Geschichte erzählen. Ob das aber auf Dauer reicht? Mir ehrlich gesagt nicht. Und so sollte man einfach ohne Erwartungen auf solch ein Konzert gehen. Dann kann man auch nicht enttäuscht werden.
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Video: The Lemonheads – „Being Around“