Dead Pioneers – Dead Pioneers
„Amerika ist ein Pyramidensystem – und Du bist nicht an der Spitze. […] Das Fundament dieses Landes wurzelt in Sklaverei und Völkermord, die dem Schoß des Kolonialismus entspringen.[…] Diese Struktur ist ein manipuliertes Spiel, das Rassismus, Homophobie, Transphobie, Klassismus und Behindertenfeindlichkeit hervorbringt. […] Und das alles macht mich so müde.“
Es sind Sätze wie die aus dem Opener „Tired“, die das selbstbetitelte Debüt der Dead Pioneers relevant machen. Das schon im September 2023 in den USA veröffentlichte und nun über Hassle Records / Cargo auch offiziell bei uns erhältliche Release sorgte in den vergangenen Monaten bereits für beachtlichen Rummel und mehr als 500.000 Streams sprechen ebenfalls für sich.
Dabei war das alles so gar nicht geplant. „Bei der Realisation einer Gedichtslesung habe ich versehentlich eine Band gegründet“, sagt Frontmann Gregg Deal, im echten Leben bildender Künstler, Spoken-Word-Performer und indigener Aktivist. Für sein Performance-Kunststück „The Punk Pan-Indian Romantic Comedy“ hatte Deal 2020 gemeinsam mit dem Gitarristen Josh Rivera und dem Schlagzeuger Shane Zweygardt, zwei Freunden aus der Kunstszene Denvers, begonnen, seine gesprochenen Texte mit einfachen Punk-Riffs zu verbinden. Zwei eher zufällige Begegnungen mit Lee Tesch und Abe Brennan später kam es 2023 schließlich zur offiziellen Gründung der Dead Pioneers, und noch im selben Jahr nahm die Band im Blasting Room, dem von Bill Stevenson von den Descendents gegründeten Studio in Fort Collin, innerhalb von nur zwei Tagen ihr Debütalbum auf.
In 12 Stücken und nur 22 Minuten Spielzeit macht American Native Gregg Deal, begleitet von einer äußerst kraftvoll treibenden Band, seiner autobiografischen Wut in unterschiedlichster Form Luft. Es gibt flottes Punk-Gebolze, wie bei „We Were Punk First“, es gibt drängende, mit fett produzierten Riffs unterlegte Textvorträge, wie beim bitterbösen Signature-Song „Bad Indian“ und es gibt reine Spoken Words, wie „Moving Day“ oder „The Art of Savagery“. Und in dieser wilden Mischung aus Punk, Politik und Performance liegt das einzige Problem dieser Veröffentlichung verborgen: So mitreissend und eindringlich die Performance auch ist, das Release funktioniert als Ganzes nur, wenn man sich auch der intellektuellen, lyrischen Ebene öffnet. Andernfalls wirken die losen, an Rollins Band, die Suicidal Tendencies oder die gecoverten The Minutemen erinnernden und ständig von Textvorträgen unterbrochenen Musikfetzen mehr wie eine Sound-Collage, als wie ein richtiges Album.
Gelingt dieser Schritt aber, macht uns ein sprachgewaltiger Künstler mal plakativ, mal mit feinster Rhetorik auf große Ungerechtigkeiten aufmerksam, die Völker in Amerika erlitten haben und heute noch erleiden. „Auch wenn nicht jeder singen kann“, so Deal, „kann doch jeder seine Stimme finden“. Punk as Punk can be. Man darf gespannt sein, wo die Reise hingeht.
Band: Dead Pioneers
Album: Dead Pioneers
VÖ: 09.08.2024
Label: Hassle Records / Cargo