Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen – Die Biellmann-Pirouette
„Tausend CDs und keine die Dich berührt hat…“ Auf „Die Biellmann-Pirouette“ festigen Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen ihre absolute Sonderstellung in der deutschen Indie-Szene.
Kennt Ihr das Gefühl, wenn man aus irgendwelchen Gründen die persönliche Lebensplanung über Bord werfen muss? Wenn Social Media abfuckt und die Arbeitsstelle nervt. Irgendwann kommt der Moment, an dem man alles hinwerfen und heulen möchte. Tja, die Generation XY ist in der Midlife-Crisis angekommen. Was das mit Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen zu tun hat? Die Band hat mit „Leb so, dass es alle wissen wollen“ vor einigen Jahren die heimliche Hymne für diese, unsere Generation geschrieben – Ihr wisst das nur noch nicht:
„Sprich nicht drüber, außer wenn dich jemand fragt. Leb so, dass es alle wissen wollen. Die Gedanken der Menschen sind nur ein Hauch. Gib mir nicht was ich mir wünsche, sondern was ich brauch. Ich hab an gestern nicht gedacht und nicht an morgen. Es ist Nacht, ich steh am Fenster. Und für einen Augenblick leb ich im Jetzt.“
Die Band aus Kiel hat durch diesen Song und dem Debütalbum „Postsexuell“ die Messlatte für ihr weiteres Schaffen ganz schön hochgelegt.
Nun erscheint mit die „Die Biellmann-Pirouette“ (Ich wußte gar nicht, dass die Band ein Faible für Eiskunstlaufen hat; Anm. d. Red.) das zweite Album der Norddeutschen – gewohnt sperrig und mit der ein oder anderen eher anstrengenden Wendung. Für Musikjournalisten ist solch ein Album eigentlich eine Zumutung. Ein Genre-Mix, den man kaum in Worte fassen kann, ohne sich damit zu blamieren. Dazu kommen Texte, bei denen man nie weiß, ob sie nun bitterernst gemeint sind oder der Schalk im Nacken der Musiker doch die Oberhand gewonnen hat.
Versucht man die Musik doch irgendwie in Worte zu fassen, müssen Begriffe wie Postrock, Punkrock und Wave fallen. Der Rezensent sollte auf die Elektro-Sounds hinweisen, die tatsächlich zu einer Art Trademark werden. Genau wie die rotzige Stimme von Sänger und Gitarrist Jochen Gäde, der gesanglich immer wieder von Schlagzeuger Steffen Frahm unterstützt wird. Dass die Band zu allem Überfluss auch noch ein Händchen für feine Melodien hat, beweist sie bei „Das sind auch nur Existenzen“ und „Halbe Stadt von unten“. Hier sollte man dann auch Bassist Lars Stuhlmacher mit Namen nennen, schließlich lebt der Song zum Großteil von dem knarzigen Bass-Sound während der Strophe.
Am Ende schaffen es Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen das Niveau des Debütalbums zu halten. Der ganz große Moment fehlt zwar (noch), aber ein Werk wie dieses erschließt sich eben nicht nach dem dritten Hördurchgang.
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Video: Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen – Album-Teaser