Groezrock Festival 2012 – Meerhout, Belgien
Die Kamera ist geladen, Freundin Jayne ist auch zeitig aus London angekommen, das Auto ist gepackt und schon kann es los gehen ins belgische Meerhout. Das Groezrock Festival findet nun schon zum einundzwanzigsten mal statt und 32.000 Besucher dürfen sich auf eine großartige Bandauswahl freuen.
Auf dem Weg zum Parkplatz müssen wir schnell feststellen, dass sich das Festivalgelände insgesamt über ein sehr großes Areal erstreckt. Die Parkplätze sind extrem weit vom Campingplatz entfernt, welcher sich direkt am Festivalgelände befindet. Wir beschließen, dann doch lieber im Auto zu übernachten und uns direkt auf den Weg zum Festivalgelände zu machen. Aufgrund der eher schlechteren Wettervorhersage für das Wochenende, sind wir froh, dass wir in der Ferne große Zelte erspähen, so müssen wir wohl keinen Regenschutz für die Kameras basteln.
Einige Minuten später haben wir endlich das Festivalgelände erreicht. Massen an tätowierten, überwiegend in schwarz und sehr gerne in Bandshirts gekleideten Menschen bevölkern das großzügige Gelände. Die großen violett-grünen Zelte beherbergen Main-, Impericon- und Ethniesstage. Drumherum gruppieren sich kleinere blaue Zelte mit der Fender Acousticstage und dem Merchandising. Ich muss gestehen, dass ich bis zu letzt nicht den Überblick hatte, welches Zelt mit welcher Bühne bestückt ist, denn von außen sind leider keine Hinweisschilder angebracht. Zum Glück hatte Jayne relativ schnell den Dreh raus und so habe ich mich darauf beschränkt, die Ansagen zu machen, welche Bands für uns interessant wären und sie hat uns zur richtigen Bühne gelotst. Das Line-up ist ordentlich und unser Ehrgeiz geweckt, so viele Bands, wie möglich zu sehen und abzulichten.
Reel Big Fish ist eine Band, deren Konzerte ich seit Jahren gerne immer wieder besuche, weil sie so ganz anders sind, als die meisten Konzerte anderer Genres. Da geht es nämlich nicht darum möglichst cool auszusehen, sondern einfach nur zu feiern, ausgelassen zu tanzen und singen. Und genau, wie bei den Clubshows sieht das Ganze auch beim Groezrock Festival aus.
Generell lässt die Organisation des Festivals ein wenig zu wünschen übrig. Keiner kann uns so recht sagen, wo wir den Pressebereich finden. So gehen wir einfach zu einem der Ausgänge, zu dem wir gewiesen werden und stellen fest, auch dort ist nicht der Pressebereich, sondern wir befinden uns Backstage. Wir irren von einem Bereich in den nächsten und finden auf unserem Weg einen Jacuzzi mit Relaxarea, die wohl für Interviews geplant sind. Dann tut sich der Eingang zu einem der Zelte auf und schwupp stehen wir auf einer der Bühnen, während sich The Wonder Years austoben. Na dann nutzen wir die Chance und machen ein paar Fotos.
Endlich haben wir den Presse/VIP Bereich gefunden, doch so recht mag es uns da nicht gefallen zwischen Massen von „Punkrockhipstern“ (ja, die gibt es auch) und so beschließen wir, lieber „The Ghost Inside“, „Yellowcard“ und „The Dillinger Escape Plan“ fotografieren zu gehen.
Um uns eine kleine Auszeit zu nehmen, wechseln wir über zum bezaubernden Zelt der Acoustic Stage, um uns Garrett Klahn von Texas Is The Reason anzusehen. Der riesige Kronleuchter, die roten Samtvorhänge, die sanften Kläge von Garretts Stimme und der Akustikgitarre, versprühen gerade im Vergleich zu dem zugemüllten Matschfeld außerhalb, was gerade von schlimmster Trashmusik beschallt wird einen ganz besonderen Charme. Garret spielt Songs von Texas Is The Reason und Atlantic/Pacific. Schade, dass Bandkollege John Herguth von Atlantic/Pacific, der als Roadie mit Gorilla Biscuits unterwegs ist, erst am nächsten Tag beim Festival ankommt.
Was soll ich sagen, Melodycorebands, wie Lagwagon, Millencolin oder No Use For A Name, haben mich durch meine Jugend begleitet. Und genau aus diesem Grund, schaue ich sie mir immer wieder gerne an. Also geht’s nun auf zu Lagwagon. „E.Dagger“, „Mr Coffee“ und viele andere Hits werden ausgepackt, ich fühle mich, wie sechzehn und schwelge in Erinnerungen.
Im Vorfeld haben mir Freunde schon berichtet, wie großartig Parkway Drive sein sollen und ständig sieht man Menschen mit ihren Shirts rumlaufen. Also beschließen wir, uns die Band anzuschauen. Und jetzt weiß ich wieso die fünf Herren aus Byron Bay, Australien so gefeiert werden: Sänger Winston McCall freut sich wie ein kleines Kind an Weihnachten, und die Spielfreude der gesamten Band kann einen einfach nur mitreißen. Im Fotograben fällt es mir allerdings recht schwer, die schnellen Bewegungen der Band einzufangen und muss ständig grinsen, wenn mir mein Motiv schon wieder aus dem Bild gesprungen ist.
Kommen wir zu Headliner des ersten Abends, die großartigen Rancid. „Roots Radicals“, „Radio“, „Salvation“, „Time Bomb“ und noch viele andere Hits veranlassen uns ausgelassen mit den anderen Kollegen an der Bühne zu tanzen. Nach anderthalb Stunden ist der Spaß vorerst zu Ende und der erste Festivaltag auch schon vorüber.
Ein neuer Tag, der Spaß geht weiter:
Zu Motion City Soundtrack muss ich nicht mehr viel sagen, der Auftritt unterscheidet sich kaum vom Konzert in Düsseldorf. Es macht einfach nur Spaß sich anzuschauen, was die Jungs da auf der Bühne abliefern. Justin Pierres Stimme hallt ganz wundervoll von den Zeltwänden und die Energie der Songs ist absolut spürbar.
Hot Water Musics „Rooftops“ erschallt und veranlasst mich laut mitsingen und tanzen zu wollen, leider ein ungünstiger Moment, im Graben zwischen Kollegen und Securities, die alle versuchen einen guten Job zu machen. Also schnell Chuck Ragan und Co abgelichtet um dann den Rest der wirklich guten Show genießen zu können. Für „Trusty Chords“ kommt dann noch Dave Hause von The Loved Ones auf die Bühne und weiß mit seinem Gesang zu überzeugen.
Weiter geht es mit Alkaline Trio. Matt Skiba zieht mit seinem exzentrischen Styling erstmal alle Blicke auf sich: knallpinkes Hemd, gepunktete Krawatte und dunkel geschminkten Lippen und Augen. Die Songs sind ein wenig morbide, aber immer mit einem kleinen Augenzwinkern. Leider ist der Sound sehr basslastig und klingt recht matschig.
Die Politpunks von Anti-Flag verbreiten energisch ihre immer wiederkehrenden Weltverbesserungsparolen. Ich glaube, dass die Band immer wieder funktioniert, weil ihre Songs gute Melodien haben und die Texte sehr eingängig sind. Und so schaffen sie es auch, das Festivalpublikum zu begeistern.
Glücklicherweise ist Jayne mit Walter Schreifels von Gorilla Biscuits befreundet. Wohlwissend, was in den nächsten Minuten passieren wird, lädt er uns ein, das Konzert von der Bühne aus zu betrachten. Dort befinden wir uns in sehr prominenter Gesellschaft, hinter mir steht Russ Rankin von Good Riddance, ein paar Meter weiter sehe ich Chris #2 von Anti-Flag gegenüber auf der anderen Seite der Bühne erblicke ich Dennis Lyxén von Refused. Mit Sicherheit sind noch einige andere Bandmitglieder versammelt, die sich den Auftritt der Hardcore Heroen nicht entgehen lassen wollen. Gleich zu Beginn bricht das Chaos los. Was da auf und vor der Bühne abgeht ist einfach unfassbar! Es entwickelt sich eine Art „Stagepit“, überall kullern Menschen über die Bühne, umarmen und herzen die Bandmitglieder und schmeißen sich danach wieder ins Getümmel. Die Band genießt den Auftritt sichtlich und man spürt, dass die Musik den Menschen so unglaublich viel bedeutet. Beim letzten Song, bittet die Band das Publikum auf die Bühne. Massen strömen auf uns zu, das Schlagzeugpodest wandert quer über die Bühne, von allen Seiten springen Helfer herbei, Chris #2 versucht, die Boxen festzuhalten, unglaublich! Ich muss sagen mein bestes Konzerterlebnis ever, Leidenschaft versus Chaos, ob Refused das noch toppen können?
Als Fotografen haben wir die Anweisung bekommen, dass wir den Fotograben bei Refused aus Sicherheitsgründen erst betreten dürfen, wenn die Securities den Weg freigeben. Die Bühne ist mit einem löchrigen schwarzen Banner verhangen, Unruhe macht sich breit und jeder versucht den besten Platz zu erreichen. Das Banner fällt und nach wenigen Minuten beginnt der Strom in den Graben. Eingekesselt zwischen Kollegen und Security, geblendet von flackerndem Licht, versuche ich taugliche Fotos zu schießen. Dennis Lyxén fegt wie ein Derwisch über die Bühne und berichtet, dass dies Wohl ihr größtes Konzert bislang sei. Ein jeder hat sicherlich schon zu „New Noise“ bei diversen Partys getanzt und auch live kann der Song so einiges. Ein weiterer Favorit meinerseits ist „Rather Be Dead“. Die Euphorie der Publikums ist ungebrochen. Gegen Ende des Sets schießen Nebelfontänen aus der Bühne über die Köpfe des Publikums hinweg. Dennis bedankt sich artig und schwebt mit seligem Grinsen von der Bühne.
In der allgemeinen Aufbruchstimmung, nutzen wir den Moment und flitzen durch einen Seitenausgang in den Backstage Bereich. Dort treffen wir erneut auf Gorilla Biscuits, mit denen wir dann den restlichen Abend mit ein paar Dinks und tollen Gesprächen ausklingen lassen.
Was für ein Wochenende, großartige Bands, das Wetter war besser, als erwartet sehr nette Securities und tolle neue Bekanntschaften, was will man mehr?