Hot Water Music – Live in Köln (26.04.2018)
Das ist er nun, der letzte reguläre Artikel, den ich für Crazewire.de schreiben werde. Ja, nach fast 15 Jahren hören wir auf. Da passt es gut, dass ausgerechnet Hot Water Music in Köln spielen, war Chuck Ragan im Frühjahr 2005 doch einer meiner ersten Interviewpartner.
„I need WINE!!!“ schallte es damals durch das Gebäude 9. Grinsend stellte der überaus freundliche Chuck zwei Bier für mich und Andi (fun fact: den hatte ich dabei, weil ich dachte mein englisch wäre zu schlecht für ein Interview) auf den Tisch und erzählte munter drauf los. Die Show damals war wild und hart und alle Beteiligten wussten, dass die Band jetzt erstmal etwas größer werden wird. Ich habe Hot Water Music danach tatsächlich nie wieder so intensiv erlebt. Aber das geht mir mittlerweile recht häufig bei Bands von früher so. Ist wohl der Lauf der Dinge.
Auch in der Live Music Hall 13 Jahre später berührt mich die Band aus Gainesville nicht mehr so richtig. Dabei habe ich einen Haufen Freunde dabei und demnach recht früh einen angenehmen Pegel erreicht. Vielleicht liegt es aber auch am eher schwachen Vorprogramm. Die Flatliners durften zuerst auf die Bühne, was sich später noch als absolute Fehlentscheidung entpuppte. Allerdings dürfte das wohl daran gelegen haben, dass Chris Cresswell – Sänger und Gitarrist der Flatliners – später auch bei Hot Water Music auf der Bühne stehen musste. Ich empfand das Konzert der Kanadier dann auch eher langweilig, höhepunktarm und wenig enthusiastisch. Kollegin Christina war da in ihrem Urteil wesentlich gnädiger.
Einig waren wir uns aber, dass Avail-Sänger Tim Barry nicht zwingend Solo mit Akustik-Gitarre umherziehen muss. Nicht, dass mir diese Art Singer-/Songwriter nicht eh schon seit einigen Jahren auf den Zeiger geht, aber Tim Barry war einfach auch nicht gut. Schwache Songs, lebensbejahende (was ja okay ist) und viel zu lange (was ja eher doof ist) Ansagen und fast 40 Minuten Spielzeit. Stimmung kam da nur bei den Wenigsten in der Live Music Hall auf.
Zum Glück kommen recht zeitnah Hot Water Music auf die Bühne. Spielen direkt mal „Remedy“ und zeigen so, wer Herr im Hause ist. Die Band hat schon eine ordentliche Energie. Aber leider in den vergangenen Jahren auch einige eher schwache Songs geschrieben. Die werden zwar dezent zwischen die Hits gemischt, aber sie sind eben da. Dazu gibt Cresswell einen irgendwie wenig sympathisch wirkenden (Mensch, der ist sau sympathisch und wirkte eher konzentriert. Anm. Christina) und konsequent Kaugummi kauenden zweiten Sänger, der weder von der Präsenz noch von der Stimme an Chris Wollard herankommt. Wollen wir hoffen, dass es dem zweiten Gitarristen von Hot Water Music bald wieder gut geht und die Jungs wieder vereint auf der Bühne stehen können.
Egal, dem Publikum gefällt es, die eigene Bezugsgruppe verteilt sich an Theke, Mosh-Pit oder zum Rauchen in den Innenhof, während ich recht emotionslos feststelle, dass ich lieber zu Hause auf der Couch das Vinyl der „Forever And Counting“ auflegen würde.
“I hope you’re in a better place with soul set free. I hope you’re still singing loud with soul set free. Too bad you’re not around for us to see. But i still feel you around like you never left us.” (“Minno”)
Immerhin ist es gut zu wissen, dass ein Album wie eben jenes und Songs wie das unfassbare „Minno“ von mir auch noch in 20 Jahren abgefeiert werden. Dafür ewiger Dank an Hot Water Music. Und nochmal danke für eins der angenehmsten Interviews, das ich in all den Jahren, die ich mit Crazewire unterwegs war, führen durfte.
Video: Hot Water Music – „Minno“