Lieblingsplatte-Festival (Teil 2: Michael Rother)

Michael Rother ist mit seinen Freunden heute bereits das dritte Mal innerhalb von zwei Jahren in seiner alten Heimatstadt zu Gast gewesen. Will heißen, die Besetzung mit Hans Lampe und Franz Bargmann (dessen eigene Band, Camera, unbedingt ein Probehören wert ist) ist eine konstante.
Ein kleines bisschen enttäuscht bin ich schon gewesen, da ich insgeheim drauf gehofft hatte, dass Jaki Liebezeit zur Feier des Tages Schlagzeug spielen würde. Er ist, wie Rother während des Konzertes erklärte, zwar eingeladen gewesen, spielte an dem Abend aber selbst ein Konzert. Schade, vielleicht ein andres Mal. Hans Lampe beherrscht sein Instrument (die elektrische Version, aber dazu später mehr) ja natürlich auch sehr gut.
Die Songauswahl ist, neben „Flammende Herzen“, weitgehend auf Rothers Solo-Werke beschränkt. Da fand ich das Konzert im Rahmen des Electricity-Festivals, wo es auch mehr von „NEU!“ und „Harmonia“ zu hören gab, schon etwas interessanter, weil auch rauer. Viele der Rother Solostücke haben doch den Hang zum New-Age Schlager, wenn ich das mal so salopp formulieren darf. Egal, damals hab ich den Song „Feuerland“ vermisst, der heute, als Kern von „Flammende Herzen“, natürlich auf dem Programm steht. Was für ein riesiges Stück!! Allein dafür hat sich das gesamte Konzert gelohnt.
Als Rahmen für „Flammende Herzen“ hat sich Michael Rother entschlossen, den Auftritt mit ausgewählten Stücken seiner Solo-LPs zu beginnen und zu schließen. Fand ich eine gute Idee, so ist man schon gut eingegrooved, wenn das Hauptereignis passiert, bzw. die Band hat dann auch schon Zeit, sich etwas warmzuspielen. Obwohl, eigentlich waren die von Anfang an voll dabei. Man merkt, dass die in den vergangenen Jahren Zeit hatten, sich aufeinander einzustellen. Der Sound ist auch super, nicht zu laut und transparent. Das ist natürlich auch leicht, wenn das Schlagzeug und die Gitarren aus dem Computer kommen. Ich bin nun echt kein Röhrensound-Purist oder so, aber auf die Dauer leidet dann halt doch die Dynamik etwas, wenn man immer nur dieselben Synthetiksounds hört und dazu auch noch das Meiste vom Band kommt. Ich hätte mir gewünscht, dass Rother und Mitmusiker an der Stelle vielleicht etwas weniger auf Nummer sicher gegangen wären. Als Beispiel nehme ich mal Notwist, die zwei Tage vorher doch etwas mehr Aufwand betrieben haben, ihre Sounds zu reproduzieren. Da kann natürlich auch viel schiefgehen, aber insgesamt klingt es doch frischer, finde ich. Nichtsdestotrotz ein Wahnsinnsjob von Rother, sämtliche Spuren des Originalalbums zu sichten und aufführungsreif zu bearbeiten. Den Aufwand hat man definitiv gehört.
Aber zur Musik. Songs wie das erwähnte „Feuerland“ oder „Karussel“ von „Flammende Herzen“ sind natürlich zum niederknien. Auch „Silberstreif“ vom 1982er Album „Fernwärme“ hat mir ziemlich Gänsehaut verursacht, klasse Stück. Insgesamt eine sehr gute Songauswahl, die am Ende auch noch etwas zackiger wurde. Aber auch einige der eingangs erwähnten eher seichteren Stücke konnten sich in die Playlist mogeln und da wird’s mir persönlich dann zu hippieselig und ich kriege den Geruch von Jasmintee in die Nase… Augenscheinlich kamen aber auch viele Zuschauer gerade deswegen. Ist ja auch in Ordnung.
Die Stimmung war sehr freundlich, viele ergraute Anti-Atomkraft-Recken und Pulli-selber-Stricker, in deren Gesellschaft es ja eigentlich immer sehr entspannt ist (wenn man das Gespräch nicht in Richtung Impfungen oder Kondensstreifen lenkt, haha). Zusammen mit dem vorweihnachtlichen Bühnenhintergrund ein sehr angenehmer Rahmen für einen schönen Abend. Einmal mehr: Danke liebes zakk, für dieses schöne Festival!
Und Danke auch an Markus Luigs für das schöne Foto! büroluigs
Video: „Michael Rother – Feuerland“