Mogwai – Central Belters

Die Beatles des Postrock werden 20. Die Tatsache, dass Mogwai damit als Band immerhin bereits doppelt so lange wie die originalen Beatles existieren, wird standesgemäß mit einer Anthologie gefeiert – „Central Belters“, also die größten Kracher der Bandgeschichte. Nun mögen diese Referenzen ein wenig verwundern; weder sind Mogwai auch nur annähernd so bekannt und erfolgreich wie die Beatles, noch sind die Schotten bislang größeren Mainstreamerfolgs verdächtig geworden. Ihr Genre haben die Glasgower allerdings vergleichbar stark geprägt, wie die vier Liverpooler Kollegen die Popmusik allgemein.
Diese Einschätzung teilen die Bandmitglieder offenbar, anders ist die Entscheidung, die Werkschau auf sechs LPs bzw. drei CDs (plus der üblichen digitalen Downloadmöglichkeit) auf dem bandeigenen Label Rock Action Records zu publizieren, nicht zu deuten. „Central Belters“ bietet, wie auch die überwiegende Zahl ihrer älteren Veröffentlichungen einmal mehr ein stilvolles Design und erfüllt höchste Ansprüche an eine anspruchsvolle Optik.
Der „dunkle Geist“, der Mogwai ihren aus dem Chinesischen entlehnten Namen gab, durchströmt die Zusammenstellung so, wie auch das Gesamtwerk sich zwar im Laufe der Zeit zum etwas Luftigeren hin geöffnet hat, aber trotzdem nie die Skala des Melancholischen sprengt. Das Hörerlebnis ist insofern bei aller Varianz im musikalischen Stil der Band aus einem Guss, die Tracklist wirkt nie beliebig oder redundant; die Kollegen von Pitchfork haben allerdings recht, wenn sie betonen, dass „Central Belters“ die erstaunlichen Ausflüge der Band in andere musikalische Gefilde hörbar macht, und insofern auch die Entwicklung der Band, darstellt, die mal elektronisch, mal krautig, mal noisig, mal rockig klingt, dabei immer zwischen den Polen des sphärisch Stillen und des krachend Wütenden wandelnd.
Während die CDs 1 und 2 jeweils grob die erste und die zweite Hälfte des auf Longplayer erschienenen Bandopus‘ abdeckt, widmet sich die dritte CD den B-Seiten und EPs. Selbstredend fallen dem Auswahlprozess notwendigerweise auch Fanfavoriten zum Opfer, deutlich wird das etwa in der spärlichen Berücksichtigung des 1997er Albums „Young Team“, die manchem Aficionado als moderner Klassiker gilt, den er mit auf die einsame Insel nehmen würde. Daraus lässt sich die Crux der opulenten Greatest Hits-Veröffentlichung ableiten: Wer Mogwai wirklich mag, hat die Songs eh schon zuhause, der Kaufanreiz liegt dann wohl vor allem in der Vervollständigung der Sammlung. Ob sich alle anderen für „Central Belters“ erwärmen können, wird sich zeigen; für interessiertes Reinschnuppern bieten sich einfachere Wege als ein 34 Song-Mammutwerk, und für ein klassisches Greatest Hits ist die Songauswahl dann doch an manchen Stellen zu abseitig. Immerhin ist das Kompendium auf einem beachtlichen 54. Platz in die deutschen Charts eingestiegen.
So groß wie die Beatles werden Mogwai also in puncto Verkaufszahlen wohl trotzdem nie werden… wie schön, dass sich die wahre Größe der Band in ihrer Musik zeigt, in solch zauberhaften, verspielten, verspulten, zeit- und raumgreifenden Songs wie jenen auf „Central Belters“.
Video: Mogwai — „Summer“