Muse – Live in Köln (30.06.2015)

Damit etwas spektakulär gut wird, braucht es nicht zwingend ein riesiges Spektakel. Muse, die Alternative Rocker aus dem englischen Teignmouth, haben dies jüngst an einem denkwürdigen Sommerabend im Kölner Gloria-Theater eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Der sonst so Band-charakteristische Bühnen-Bombast? Fehlanzeige. Keine überdimensionierten Videowalls, keine Pyrotechnik, keine Konfettikanonen. Just Music. Als die allesamt in schwarz gekleideten Matt Bellamy (Gesang und Gitarre), Christopher Wolstenholme (Bass) und Dominic Howard (Drums) um Punkt 22 Uhr die für ihre Verhältnisse geradezu winzige Konzertbühne entern, haben sie nur eines im Sinn: Ihren gut 600 Fans, die sich den Eintritt zu diesem Exklusiv-Event ausschließlich über Verlosungen verschaffen konnten, eine energiegeladene Rock-Show in ihrer ursprünglichsten Form abzuliefern – und das auf höchster Eskalationsstufe.
Genau dafür bilden die eher rauh daherkommenden brandneuen Songs ihres aktuellen Albums „Drones“, die stilistisch wieder an die musikalischen Anfangstage der einstigen College-Kollegen aus der Grafschaft Devonshire anknüpfen, das perfekte musikalische Gerippe: „Psycho“, „The Handler“, „Dead Inside“, „Mercy“ und „Reapers“ wummern und peitschen durch den mit rotem Samt ausstaffierten ehemaligen Kölner Kinosaal der 1950er-Jahre. Passend dazu spickt das britische Trio die Setlist clever mit alten und noch jungen Klassikern wie „Supermassive Blackhole“, „Time Is Running Out“, „Starlight“, „Hysteria“, „Stockholm Syndrome“ und dem grandiosen „Supremacy“, das in Köln seine Tour-Premiere feiert. Die völlig elektrisierte Menschenmenge im Gloria hüpft, tanzt, klatscht, schreit, als gäbe es kein Morgen mehr. Und wie es sich für einen exklusiven Fan-Gig im intimsten Kreis gehört, haben Muse auch noch zwei faustdicke Song-Überraschungen im Gepäck: „Assassin“ vom Album „Black Holes And Revelations“ aus dem Jahr 2006 und allem voran „Fury“, die erste von drei Zugaben an diesem Abend, ein sehr selten gespieltes Stück aus der Ära des Band-Erstlings „Showbiz“.
Ohne jeden Zweifel: Matt Bellamy und seine Jungs haben gewaltig Bock auf dieses Konzert, auf diese Stadt, auf dieses Publikum. Warner, Muse‘ Plattenlabel, hatte den heutigen Auftritt seiner Schützlinge im Vorfeld offiziell zur paneuropäischen Fan-Show ausgerufen – und die Muse-Gemeinde hat ihre Reise aus vielen Ländern Europas angetreten: Treue Anhänger aus Italien, Holland, Spanien, Belgien, Frankreich und England, sie alle sind in die Domstadt gekommen. Die letzten von ihnen, die bis kurz vor Showbeginn an den Eingangstüren des Glorias in der Hoffnung ausharrten, auch ohne gültiges Eintrittsbändchen irgendwie doch noch ins Innere der Location zu gelangen, hat Bandleader Bellamy kurzerhand höchstpersönlich dazu eingeladen. Äußerst sympathisch, näher an der Fanbase kann ein Superstar kaum bleiben. Nach schweißtreibenden rund neunzig Minuten beenden er und seine Bandkollegen die Show standesgemäß mit dem apokalyptisch anmutenden „Knights Of Cydonia“, um sich anschließend noch ausgiebig vom völlig überwältigten Publikum zu verabschieden – mit einem sichtbar fetten Grinsen auf ihren Gesichtern. Ihre Fans tun es ihnen gleich und strömen glückselig aus dem noch immer bebenden Gloria-Theater hinaus in eine warme Sommernacht, an die sie gewiss noch lange zurückdenken werden. Jungejunge, war das gut. Geradezu spektakulär.
(Text: Sven Klein)
Video: Muse – „Dead Inside“