Champs – VAMALA

Wäre jeder Song so catchy wie „Desire“, „3000 Miles“ und „Vamala“, es gäbe wenig zu kritisieren am neuen Album „VAMALA“ der Brüder Michael und David Champion. Als folkiges Elektropopduo nennen die Brüder von der Isle of Wight sich kurz „Champs“ und legen nach „Down Like Gold“ nun ihren zweiten Longplayer vor.
Champs führen nur Gutes im Schilde. Es spricht eine durchweg sympathische Melancholie aus ihren Songs, die aber auf Dauer ein bisschen nervt wie ein an Liebeskummer leidender Freund. Auf Albenlänge führt das Konzept, gefühlige Männerstimmen abwechselnd (beide singen, David ist zusätzlich an der Leadgitarre zu hören) über schwebend-poppige Dancebeats und zerbrechlich-leichte Gitarrenbetten singen zu lassen, etwas dünn. Gesanglich hören sich Champs dabei bisweilen gar nicht uninteressant an: „Blood“ klingt stellenweise wie eine androgyne Version von Matt Berninger, „Roll Me Out“ hat ein bisschen was von einer unveröffentlichten Fingerübung eines jungen und unverdorbenen Johnny Cash, der den Country satt hat und ist samt Sting-Zitat („Roll me out in fields of gold“) und feinem Gitarrenbett auch ein Pluspunkt für die Platte, wie auch das hymnische Element des von Pianoklängen getragenen, sphärischen „Carnival Of Light“.
Das schon erwähnte „Desire“ klingt wie eine vom Pomp befreite Version eines Hurts-Songs, ist in seiner Radiotauglichkeit ein guter Popsong und hat auch gesanglich absolutes Potential; jenes aber nutzen die Brüder viel zu selten wie in diesen Fällen. Je weniger Synths oder das Piano eine Rolle spielen und je mehr Gitarren dominieren, desto mehr verwässern klare Songstrukturen und Melodien aufgrund des uninspirierten Songwritings zu oft wie Wellen, die an einem ruhigen Sonntag an die Küste der Isle of Wight anschlagen.
Überhaupt ist „VAMALA“ geeignet, um einen verkaterten Vormittag unaufdringlich zu untermalen, hat aber den Nebeneffekt, dass man sich nach dem Hören fühlt wie nach dem Genuss beruhigender Walgesänge. Das ist sicher gut für den Blutdruck, empfiehlt sich demgemäß aber am ehesten Leuten, die Musik eher meditativ als Beruhigungsmittel nutzen. Wie man ruhige Musik musikalisch abwechslungsreich und spannend macht, könnte man sich bei so unterschiedlichen Künstlern wie Sigur Rós, William Fitzsimmons oder Simon & Garfunkel abschauen. Champs meinen es zwar gut und die beiden sammeln sicher Sympathiepunkte. Es stimmt unter dem Strich also ein wenig fad, dass es „VAMALA“ über weite Strecken an Inspiration und Groove fehlt („Send Me Down“) oder die Songs schlicht zu weinerlich klingen („The Balfron Tower“), als dass die durchaus vorhandenen spannenden Momente des Albums den Gesamteindruck wettmachen könnten.
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Video: Champs – „Desire”